"Wir kämpfen hier nicht gegen normale Brände", sagte der spanische Innenminister Alfredo Pérez Rubalcaba. "Hinter den Feuern stecken eine strategische Planung und äußerst üble Absichten." Die Polizei und die Staatsanwaltschaft leiteten Ermittlungen gegen private Löschfirmen und Bauunternehmen in der Region Galicien ein.
Nach Schätzungen der Polizei wurden etwa 90 Prozent der Feuer von Brandstiftern gelegt. Bis Sonntag wurden 27 Verdächtige festgenommen, gegen sechs wurde Haftbefehl erlassen. Dabei gab es aber bislang keine konkreten Hinweise auf irgendwelche Banden. "Das Profil der Verdächtigen ist das gleiche wie immer", schrieb die Zeitung "La Voz de Galicia". Unter den mutmaßlichen Brandstiftern waren zwei Feuerwehrleute, ein 90-jähriger Greis, eine 74 Jahre alte Rentnerin und mehrere Jugendliche. Viele Verdächtige gelten als geistesgestört.
Beim Kampf gegen das Flammeninferno entspannte sich die Lage am Sonntag in Teilen der Region. Allerdings griffen die Feuer auf die Costa da Morte (Todesküste) über, die anfangs von den Bränden verschont geblieben war. Die Küste verdankt ihren Namen eigentlich der Tatsache, dass vor ihren Klippen im Laufe der Jahrhunderte zahllose Seeleute ihr Leben ließen.
Vier Tote im Inferno
"Nun stirbt die Todesküste selbst - und das zum zweiten Mal", schrieb die Zeitung "ABC" unter Hinweis auf das "Prestige"-Unglück vor vier Jahren. Bei der Tankerkatastrophe waren die Küstenorte von einer Ölpest heimgesucht worden. Nun verloren sie einen großen Teil ihrer Wälder. "Wenn das Unglück nicht vom Meer kommt, kommt es vom Land her", meinte eine Bewohnerin der Kleinstadt Muxía resigniert.
Die Brände vernichteten in Galicien in zehn Tagen über 500 Quadratkilometer Wald- und Buschland, mehr als im gesamten Jahr 2005. Dies entspricht mehr als der Fläche der Hansestadt Bremen. Seit dem Ausbruch der Feuer wurden über 1000 Brandherde registriert. Vier Menschen kamen in den Flammen ums Leben.
Brände im Zentrum der Immobilienspekulation
Die spanische Regierung stützt ihren Verdacht, dass organisierte Banden die Feuer gelegt haben, vor allem darauf, dass die Brände sich ausgerechnet auf jene Küstenzone zwischen den Städten Santiago de Compostela und Vigo konzentrieren, wo die Immobilienspekulation die größten Blüten treibt. Das Hinterland blieb von den Feuern weitgehend verschont. "Es wäre zu einfach, die Brände ein paar Geisteskranken in die Schuhe zu schieben", meint die Zeitung "El País".
Suso de Toro, einer der renommiertesten Schriftsteller Galiciens, vermutet bei den Brandstiftern zudem politische Motive. "Die Feuer sind eine Strafe dafür, dass die Galicier für eine andere Politik votiert haben", sagte der Autor unter Hinweis auf die Wahl vor einem Jahr, bei der die Konservativen die Macht in der Region abgeben mussten. Er wolle damit nicht behaupten, dass die konservative Volkspartei (PP) hinter den Bränden stecke. "Aber es gibt Kreise, die durch den Machtwechsel Nachteile hinnehmen mussten. Dazu gehören unter anderen die Löschfirmen, die unter der alten Regierung reich geworden waren."
Begünstigt durch die Trockenheit brachen auch in anderen Teilen Spaniens Waldbrände aus. In der Provinz Càceres im Südwesten des Landes und in Huesca in Nordspanien nahmen die Feuer solche Ausmaße an, dass zwei Dörfer sicherheitshalber geräumt werden mussten. Im benachbarten Portugal kämpfte die Feuerwehr am Sonntag gegen fünf Waldbrände im Norden des Landes.
Hubert Kahl/DPA