Die italienische Tageszeitung "La Nazione" mit Sitz in Florenz scheint selbst nicht glauben zu wollen, was sie am Dienstag zu Papier bringt: Nach 20 Jahren auf der Flucht kehrt ein international gesuchter Krimineller aus Pisa nach Italien zurück. Der Mann gilt als Mafioso, 1997 wurde er zu einer Gefängnisstrafe von zehn Jahren verurteilt. Doch hinter Gitter musste er nie. Er muss es auch jetzt nicht. Denn seine Strafe ist erloschen. Die vergangenen Jahre verbrachte der Mann, heute 68, statt im Gefängnis lieber in der Karibik.
Der Mafioso, den die italienischen Behörden die vergangenen 20 Jahre über fiebrig gesucht hatten, stieg vor wenigen Tagen in Fiumicino nahe Rom aus einem Flugzeug – als freier Mann. Die Maschine kam geradewegs aus der Karibik, dort hatte der Kriminelle offenbar die vergangenen Jahre verbracht. 1997 war er aus Italien geflohen. Damals hatte ihn das Schwurgericht von Florenz in zweiter Instanz wegen mafiöser Vereinigung verurteilt. Das Gericht sah es damals als erwiesen an, dass sich der Mann der Erpressung schuldig gemacht hatte. Zudem soll er in die Leitung eines illegalen Spielkasinos verwickelt gewesen sein. Doch kaum war das Urteil gefällt, fehlte von dem Italiener jede Spur.
Italien: Die Strafe ist erloschen
Bis vor Kurzem: Am 21. Mai betrat der Mann wieder italienischen Boden – zum ersten Mal seit 20 Jahren. Kein Zufall, sondern perfektes Timing: Nach 20 Jahren – nachdem doppelt so viel Zeit wie von der Strafe vorgesehen vergangen ist – gilt seine Gefängnisstrafe heute als erloschen. Den Ordnungshütern sind die Hände gebunden, der Fall ist abgeschlossen. Informationen der römischen Tageszeitung "La Repubblica" zufolge soll sich der Mann bereits wieder in Pisa eingerichtet haben und zu seiner Familie in eine Sozialwohnung gezogen sein. "Was bleibt ist das Verbrechen", schreibt "La Nazione". "Und der Spott."
