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Tiefseesaibling entdeckt Rätsel um mysteriösen Fischfang im Bodensee gelöst – da hatte sich einer gut versteckt

So lang wie eine Hand: Jemand hält einen Tiefseesaibling aus dem Bodensee in der Hand
Eine Hand hält im August 2016 auf einem Fischerboot in Langenargen am Bodensee einen Tiefseesaibling 
© Fischereiforschungsstelle Langenargen / Alexander Brinker / Picture Alliance / DPA
Seit 2014 rätselten Forscher, was es mit wiederentdeckten Exemplaren des Tiefseesaiblings im Bodensee auf sich hatte. Schließlich galt die Art über 40 Jahre lang als verschollen in dem bestens untersuchten Gewässer. Jetzt ist das Rätsel gelöst.

Von einem "unglaublichen Fischfang im Bodensee" ist in der Mitteilung der Zoologischen Staatssammlung München die Rede. Dabei geht es hier nicht um Glauben, sondern um Wissenschaft. Aber was da 2014 erstmals seit Langem wieder im Bodensee entdeckt wurde, konnten sich Forscher lange nicht erklären. Bis jetzt. Das Rätsel um den Tiefseesaibling im Bodensee ist gelöst. 

2014 hatten Wissenschaftler der Fischereiforschungsstelle Langenargen sowie des Wasserforschungsinstituts der Schweiz einige Exemplare des Tiefseesaiblings in ihren Netzen entdeckt. Der Fisch ist in etwa so groß wie eine große Hand, er misst bis zu 25 Zentimeter und schimmert leicht silbern. 

Das Ungewöhnliche an dem Fang: Die Art galt zu diesem Zeitpunkt im Bodensee seit 40 Jahren als verschollen. Und das im bestens untersuchten Bodensee. 

Genetische Untersuchungen lösen das Rätsel vom Tiefseesaibling im Bodensee

Hatte man den Tiefseesaibling über Jahrzehnte einfach übersehen? Oder waren die wiederentdeckten Exemplare Abkömmlinge der normalen, nie ausgestorbenen Saiblinge, die sich an das Leben in der Tiefe anpassen konnten? Diese Fragen trieben die Wissenschaftler um. Also machten sich sich in den Tiefen des Bodensees auf die Suche. Ins Netz ging dabei neben dem 40 Zentimeter großen Normalsaibling auch immer wieder der deutlich kleinere Tiefseesaibling. 

Jetzt kam der Durchbruch – dank genetischer Untersuchungen. Diese haben hätten ergeben, dass die DNA der heutigen Tiefseesaiblinge nahezu identisch sei mit der DNA der früheren, vor über 40 Jahren im Bodensee lebenden Tiefenformen, schreibt die Zoologische Staatssammlung München. Die Arbeit liefere außerdem klare Belege dafür, dass Normal- und Tiefseesaiblinge nach wie vor völlig unterschiedliche Laichgebiete und Laichzeiten besitzen. Forscher aus München, Langenargen und Bergen in Norwegen haben ihre Studie in der Fachzeitschrift "Ecological Applications" veröffentlicht. 

Gut versteckt weit unten im Bodensee

"Die heutigen Tiefseesaiblinge stammen direkt von ursprünglichen Exemplaren ab. Es muss also einigen Tieren gelungen sein, in der Tiefe des Sees unentdeckt zu überleben", wird Jan Baer von der Fischereiforschungsstelle Langenargen zitiert. Die Fische hatten sich gut versteckt. Im Bodensee geht es mitunter weit hinab, an der tiefsten Stelle ist er rund 250 Meter tief.

Offenbar hätten Hilferufe der Berufsfischer in den 1950er-Jahren Wirkung gezeigt, so Baer. Und offenbar hätten schon früh ergriffene Maßnahmen gegen Überdüngung die Erhaltung des Lebensraums des Tiefseesaiblings bewirkt.

Ulrich Schliewen, Fischexperte der Zoologischen Staatssammlung München, ergänzt: "Unsere Daten zeigen aber gleichzeitig auch, was Besatzmaßnahmen im Bodensee mit Saiblingen aus aller Welt bis in die 1990er-Jahre bewirkt haben: Die ursprüngliche Normalform des Saiblings aus dem Bodensee wurde fast vollständig verdrängt und größtenteils durch einen Mix aus Zuchtfischen ersetzt." 

Nicht mehr "verschollen", sondern "vom Aussterben bedroht" 

Wie der SWR berichtet, ist der Tiefseesaibling auf der Roten Liste der gefährdeten Arten mittlerweile statt als "verschollen" als "vom Aussterben bedroht" vermerkt.

Die Projektverantwortlichen hoffen, dass sich Tiefsee- und Normalsaibling im Bodensee weiter verbreiten. Zuversichtlich stimmt sie, dass seit mehreren Jahren bereits keine fremden Saiblinge mehr im Bodensee eingesetzt werden. An diesem Beispiel sehe man deutlich, welchen Einfluss der Mensch haben kann, sagte Baer dem SWR: Er könne Arten verschwinden lassen, aber auch Arten wie den Tiefseesaibling erhalten.

Quelle: Staatliche Naturwissenschaftliche Sammlungen BayernsSWR

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