US-Raumfähre "Endeavour" Muss "Endeavour" gespachtelt werden?

Die beschädigte Raumfähre "Endeavour" bleibt länger im All als geplant und wird eventuell repariert. Seit dem "Columbia"-Unglück geht die Nasa kein Risiko mehr ein. Volker Sobick vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt erläutert, warum dieser Fall dennoch nicht mit "Columbia" verglichen werden kann.

"Die Nasa wird kein Risiko eingehen"

Volker Sobick ist Raumfahrt-Experte am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)

Herr Sobick, 7,5 mal 7,5 Zentimeter des Hitzeschildes nahe des rechten Fahrwerkschachtes der "Endeavour" wurden beschädigt. Ist das nicht offensichtlich, dass das repariert werden muss?

Nein, so klar ist das nicht. An dieser Stelle befindet sich unter den Kacheln ein stärkerer Aluminiumträger, der Hitze ableiten kann. Aber das wird von der Nasa momentan analysiert.

Die Nasa macht also am Boden nochmal Forschung?

Ja, es wurden Kacheln exakt so präpariert, wie der Schaden sich im All darstellt. Um die thermische Belastung prüfen zu können werden die Kacheln dann mit der entsprechenden Hitze bestrahlt, die beim Wiedereintritt maximal entsteht - das sind um die 1260 Grad Celsius. An der Vorderkappe und an den Flügeln ist die Hitze größer - bis zu 1600 Grad.

Falls entschieden wird, nicht zu reparieren und es passiert dann doch etwas...

Die Nasa wird nicht fahrlässig handeln. Sie hat ihre Erfahrungen mit dem Columbia-Unglück gemacht. Wobei man diese beiden Fälle nicht miteinander vergleichen kann, weil bei der Columbia an der Flügelvorderkante ein richtiges Loch geschlagen worden war, in das das heiße Plasma eindringen konnte.

Kacheln werden immer beschädigt, früher hat man das überhaupt nicht untersucht. Erst nach der Landung bemerkte man dann mitunter, dass bis zu 40 Kacheln beschädigt worden waren.

Falls repariert wird - wird das dann wieder so ein Spektakel wie damals auf der "Discovery"?

Ja, der Astronaut wird mit dem Roboterarm und der Werkzeugkiste an die betroffene Stelle gebracht. Die Astronauten haben eine Werkzeugkiste mit, die sich in der Shuttle-Bucht befindet. Vorher muss die Nasa allerdings noch entscheiden, welche Methode angewandt wird. Oberflächliche Schäden kann man mit einer wärmeableitenden Borsilikat-Farbe einfach überstreichen. Bei tieferen Schäden - wie diesem hier - muss mit einer Wärmeschutz-Paste gespachtelt werden. Oder zur Not kann eine neue Kachel drüber gepackt werden.

Würden Sie reparieren lassen?

Ich bin kein Ingenieur, ich muss mich auf die Nasa-Experten verlassen. Aber ich bin sicher, wenn die Nasa irgendein Risiko vermutet, wird sie reparieren.

Interview: Jens Lubbadeh

Wie die Nasa mitteilte, überträgt die SSPTS (Station-to-Shuttle Power Transfer System) genannte Technik Energie von der Internationalen Weltraumstation (ISS) zur Raumfähre. Das System ermöglicht einen sehr viel längeren Aufenthalt des Shuttle im All. Zudem sei für diesen Freitag (17. August) ein vierter Außeneinsatz vorgesehen. Den Angaben zufolge werden die sieben Astronauten nun am 22. August zur Erde zurückkehren. Ihre Mission war zunächst auf elf Tage angesetzt.

Nächster Außeneinsatz steht bevor

An diesem Montag um 17.31 Uhr (MESZ) sollen die beiden Astronauten Dave Williams und Rick Mastracchio zu ihrem zweiten Außeneinsatz ins All. Ihre Hauptaufgabe besteht nach Angaben der Nasa darin, ein beschädigtes Gyroskop auszutauschen. Es ist für die Kurs- Stabilisierung der ISS verantwortlich. Insgesamt habe die Weltraumstation vier dieser Geräte an Bord.

Der erste Außeneinsatz der beiden Astronauten der "Endeavour" war am Samstagabend nach sechs Stunden und 17 Minuten erfolgreich abgeschlossen worden. Bei der über sechsstündigen Aktion montierten Rick Mastracchio und Dave Williams ein tonnenschweres Verbindungsteil für ein Solarmodul an der Internationalen Raumstation ISS. Während die Raumfahrer im All arbeiteten, schaltete sich urplötzlich der Haupt-Kontrollrechner der Raumstation ab. Sofort wurden laut Raumfahrtbehörde Nasa zwei bordeigene Ersatzcomputer aktiviert, die die Arbeit des Hauptrechners übernahmen. Es habe keine Gefahr für die Crew bestanden, hieß es. Wie es zu der Panne kam und ob sie behoben werden kann, blieb indes unklar.

Reparatur notwendig?

Am Sonntag hatte die "Endeavour"-Besatzung mit einer Spezial- Kamera sowie einem Lasergerät einen Schaden an dem Hitzeschild der Raumfähre überprüft. Über die Ergebnisse der Überprüfung wurde zunächst nichts bekannt. Die Auswertung von Kontrollfotos nach dem Andocken der "Endeavour" an die ISS hatten einen etwa 7,5 Zentimeter mal 7,5 Zentimeter und in der gesamten Tiefe von 2,5 Zentimetern großen Defekt an einer der hitzebeständigen Kacheln an der Unterseite der Raumfähre gezeigt.

Die Nasa ist auf besondere Vorsicht bedacht, seit das Shuttle "Columbia" 2003 beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre verglühte. Die "Endeavour" liefert Baumaterial, Ausrüstung und Verpflegung für die ISS. Zu der siebenköpfigen Besatzung gehört auch die ehemalige Lehrerin Barbara Morgan, die für einen Flug mit dem 1986 verunglückten Shuttle "Challenger" ausgebildet worden war.

DPA/Reuters

Infografik: Der Space-Shuttle

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