Archäologie "Niederländisches Stonehenge" entdeckt: Ein Sonnenkalender, 80 Grabstätten – und eine 4000 Jahre alte Glasperle

Das ausgegrabene Gelände im niederländischen Tiel
Das ausgegrabene Gelände im niederländischen Tiel
© Gemeinde Tiel
Am Ufer der Waal fanden Archäolog:innen einen Ort, der um 2000 v. Chr. für Zeremonien, Feiern und Bestattungen genutzt wurde. Und wohl auch, um die Jahreszeiten bestimmen zu können.

Im beschaulichen niederländischen Tiel, einer Stadt zwischen Utrecht und Nijmegen am Ufer der Waal, wurde am Mittwoch eine spektakuläre archäologische Ausgrabung vorgestellt. In den vergangenen fünf Jahren haben Wissenschaftler:innen dort einen Komplex ausgegraben, den sie nun als eine Art "Stonehenge der Niederlande" beschreiben. Hier versammelten sich vor rund 4000 Jahren Menschen, um religiöse Zeremonien durchzuführen, zu feiern, Opfergaben darzubieten und Verstorbene zu beerdigen.

Der Komplex habe die Größe von drei Fußballfeldern. Darauf fanden sich drei Grabhügel, deren größter einen Durchmesser von 20 Metern hatte. Dieser Hügel markierte jedoch nicht nur Gräber, sondern hatte offenbar noch eine weitere Funktion: Um den Hügel hatten die damaligen Nutzer einen Graben ausgehoben, und aus dem Aushub einen Wall um die Anlage errichtet. In diesem Wall gab es an bestimmten Stellen Lücken, durch die die Sonne hindurchscheinen konnte – und zwar am längsten und am kürzesten Tag des Jahres. Es handelte sich also um einen Sonnenkalender, wie wohl auch Stonehenge einer war.

Archäologen finden vorzeitlichen Sonnenkalender

Laut den zuständigen Archäolog:innen handelt es sich um einen "einzigartigen Fund in der Geschichte der Niederlande". Das Team untersuchte über fünf Jahre hinweg ein Areal von rund 22 Hektar und fand dabei gut eine Million Objekte – jedes kleine Teil mitgezählt. Das spannendste davon ist seinerseits nicht groß – aber sehr bedeutend: eine Glasperle. Vor 4000 Jahren war die Herstellung von Glas in den Niederlanden noch nicht bekannt.

Und tatsächlich konnten die Wissenschaftler:innen feststellen, dass die Perle nicht in Tiel, sondern in Mesopotamien (entspricht etwa dem heutigen Irak) hergestellt wurde. Fast 5000 Kilometer entfernt. Das beweist, dass es schon 2000 v. Chr. Handelsnetze gab, die große Teile Europas, Afrikas und Asiens umspannten. Zudem wurden auf dem Areal 80 Begräbnisstätten gefunden, von Männern, Frauen und Kindern. Die Körper waren teils verbrannt worden und teils regulär bestattet. 

Für viele Archäolog:innen bitter: Das Gelände soll nicht zu einem Freilichtmuseum oder zu einem geschützten Areal erklärt werden – sondern eingeebnet und mit Scheunen bebaut. Immerhin werden die gefundenen Artefakte in Museen der Region sowie in der niederländischen Stadt Leiden ausgestellt.

Quellen:  "Dutch News", "NOS"

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