"Ich bin eine Wasserfrau. Ich liebe das Wasser, es ist sozusagen mein Element. Während eines Urlaubs in Mexiko vor zwei Jahren hatte ich ein fantastisches Erlebnis, das ich nie vergessen werde. Wir segelten mit einem Schiff an der Küste entlang, als Delfine auftauchten. Ich bin sofort über Bord gesprungen und zu ihnen geschwommen. Ein wahnsinniges Gefühl, mit ihnen gemeinsam im Meer zu sein.
Schwimmen war für mich Liebe auf den ersten Blick. Mit neun Jahren hat mich meine Mutter gemeinsam mit meinen beiden Geschwistern in Kassel in einen Schwimmverein gesteckt. Vermutlich wollte sie uns von der Straße weghaben. Meine Schwester konnte dem nicht so viel abgewinnen, war mit anderen Dingen beschäftigt, aber mein Bruder und ich, wir waren total begeistert.
Eigentlich ungewöhnlich für Schwimmerinnen: Ich war nie Einzelkämpferin, ich wollte im Team gewinnen. Am liebsten bin ich in der Staffel gestartet.
Erste Liebelei im Schwimmverein
Damals habe ich auch an Wettbewerben teilgenommen. Besonders aufregend war das, weil ich samstags manchmal schulfrei bekam für auswärtige Wettkämpfe und bei Gasteltern übernachten durfte. Meine erste Liebelei hatte ich natürlich auch im Schwimmverein. Und mein größter sportlicher Erfolg war 1979 eine Bronzemedaille bei den Deutschen Jugendmeisterschaften - natürlich in der Staffel.
Bis zu meinem 19. Lebensjahr bin ich im Schwimmverein geblieben und habe drei- bis viermal pro Woche trainiert. Dann hatte ich leider keine Zeit mehr. Ich wollte Abitur machen und musste lernen. Aber ganz habe ich mich nie von meiner großen Liebe getrennt. Immer wenn sich die Gelegenheit bot, bin ich ins Wasser gehüpft und losgeschwommen.
Heute bin ich in einem Sportverein für Lesben und Schwule in Berlin. Trotz vollem Terminkalender versuche ich, regelmäßig zu trainieren. Aber nur noch nach dem Lust-und-Laune-Prinzip. Ich habe es aufgegeben, meine Zeiten verbessern zu wollen. Aus dem Alter bin ich vermutlich raus.
Inzwischen nehme ich aber auch wieder an Wettbewerben teil, meistens für Schwule und Lesben. Ich starte in der Altersgruppe über 40 Jahre - so habe ich wenigstens den Hauch einer Chance. Wichtiger als der Sport ist mir dabei das Zusammensein, miteinander etwas zu unternehmen und zu erleben. Das ist der größte Spaß daran.
Ich habe Schwimmen auch schon einmal gehasst - zumindest für ein paar Minuten. Vor zwei Jahren in Sydney, bei den Gay Games, den Olympischen Spielen für Homosexuelle, bin ich beim Fehlstart einer Kollegin mit ins Wasser gefallen - und wurde disqualifiziert. Monatelang hatte ich für diesen Tag trainiert, war um die halbe Welt gereist - und sollte nach ein paar Sekunden schon raus sein? Bei den Kampfrichtern habe ich gebettelt und gefleht, doch wenigstens außer Konkurrenz mitschwimmen zu dürfen. Einfach nur für mich. Aber sie haben mich nicht mehr ins Becken gelassen. Klar war ich enttäuscht danach, aber zum Glück gab es ja noch einige Wettkampftage, und mit den Staffeln haben wir dann doch noch eine Silber- und eine Bronzemedaille geholt.
Mein Stil ist schön
Ich bin eine gute Schwimmerin. Zwar nicht sonderlich schnell, aber mein Stil ist schön. Ich weiß, wie ich mich im Wasser richtig bewegen muss. Schwimmen ist für mich auch Meditation. Von Wand zu Wand - und wieder zurück. Ganz allein. 2000 Meter. Danach bin ich wie ausgewechselt. Schlecht gelaunt? Kein Problem. Rein ins Wasser, ein paar Bahnen und alles ist wieder in Ordnung. Und ich komme dabei auch auf wunderbare, verrückte Ideen. Schwimmen ist mein Weg, gleichzeitig Körper und Kopf in Bewegung zu bringen.
Wenn ich für Dreharbeiten unterwegs bin, suche ich mir häufig ein Schwimmbad oder einen See. Da bin ich nicht wählerisch. Denn mir ist es im Grunde egal, wo, Hauptsache ich kann ins Wasser. Ich brauche die Bewegung, um ausgeglichen zu sein. Nachdem ich mir voriges Jahr die Kreuzbänder im Knie gerissen hatte, wurde ich auf meinem Sofa schier verrückt. Schwimmen war eine der ersten Sportarten, die nach dieser Verletzung wieder möglich waren.
Schöner Nebeneffekt: Mein Sport hält meinen Körper in Form. Ich bin schon 43 Jahre alt - aber sehr zufrieden mit meiner Figur. Das ist für mich auch extrem wichtig, denn mein Körper ist das Instrument, mit dem ich Geld verdiene.
Mein Traum von einem perfekten Vormittag? Bei Nieselregen ein paar Kilometer joggen und dann in einen See springen. Typisch Wasserfrau. Geboren im Mai, also Stier."