Er ist ein Star der Wissenschaft, der Godfather der DNA-Forschung. Doch jetzt hat sich Nobelpreisträger James D. Watson ins gesellschaftliche Abseits katapultiert. Ganz Großbritannien empört sich zurzeit über Watson, nachdem er in einem Interview der "Sunday Times" behauptet hat, dass Tests ergeben hätten, dass Schwarzafrikaner weniger intelligent seien als Weiße. Wörtlich hieß es in der "Sunday Times": "Er sagt, dass er 'für die Zukunft Afrikas schwarz sehe', weil 'all unsere Sozialpolitik auf der Annahme basiere, dass ihre Intelligenz dieselbe ist wie unsere - wohingegen alle Tests sagen, dass dies nicht wirklich so sei'". Weiter sagte er, dass er wisse, dass seine Aussage ein "heißes Eisen" sei. Seine Hoffnung sei es, dass alle gleich sind, doch "Leute, die mit schwarzen Angestellten zu tun hätten, merken dass dies nicht wahr ist".
"Zutiefst beleidigend"
Seit er diese Äußerungen machte, sieht sich Watson in Großbritannien mit harscher Kritik konfrontiert. Kultur- und Bildungsminister David Lammy, selbst ein Schwarzer, sagte, dass James Watsons Kommentare "zutiefst beleidigend" gewesen seien. Es sei eine Schande, dass "ein Mann mit einer Reihe von wissenschaftlichen Auszeichnungen seine Arbeit durch seine irrationalen Vorurteile überschattet."
Das Londoner "Science Museum" sagte eine für Freitag geplante Rede des Nobelpreisträgers ab. Watsons Kommentare hätten die Grenzen einer akzeptablen Debatte überschritten, begründeten die Verantwortlichen diesen Schritt.
Watson war erst gestern nach England gekommen, um sein jüngstes Buch "Avoid Boring People: Lessons From A Life in Science" ("Meide langweilige Menschen: Lehren aus einem Leben in der Wissenschaft") vorzustellen. In dem Buch sollen ähnlich kontroverse Themen enthalten sein. So soll Watson in ihm unter anderem anzweifeln, dass alle Rassen über dieselbe Macht des Verstandes verfügen.
Mütter sollten Kinder mit "schwulem Gen" abtreiben dürfen
Es ist nicht das erste Mal, dass Watson durch provokante Äußerungen auffällt. So sagte er einst, dass Frauen das Recht hätten, eine Schwangerschaft abzubrechen, wenn sie entdeckten, dass ihr ungeborenes Kind ein "schwules Gen" in sich trage. Er versuchte seine Aussage zu relativieren, indem er behauptete, das er lediglich für die Freiheit der Frauen, das Kind auf die Welt zu bringen, das sie sich wünschen, argumentiert habe.
Watson entdeckte zusammen mit Francis Crick 1953 die räumliche Anordnung der DNA-Bausteine. Die Entdeckung gilt bis heute als Revolution in der Molekularbiologie. Mehr als 18 Monate lang hatten Crick und Watson versucht, die dreidimensionale Struktur der Desoxyribonukleinsäure zu entschlüsseln. Zu dieser Zeit waren Wissenschaftler weltweit noch nicht völlig davon überzeugt, dass dieses Molekül Träger der genetischen Information des Menschen ist. Aber Crick und Watson glaubten daran. Die beiden Forscher entdeckten, was heute jedem Schüler bekannt ist, nämlich dass das DNA-Molekül eine Doppelhelix ist, dass sie aus zwei Molekülreihen besteht, die sich, einander gegenüber liegend, zu einem Doppelstrang verwinden. Im April 1953 veröffentlichten die Cambridge-Forscher ihr Ergebnis in der Fachzeitschrift "Nature". Der Bericht endet mit den berühmten Sätzen: "Es ist uns nicht entgangen, dass die spezifische Paarung, die wir postuliert haben, einen möglichen Kopiermechanismus für das genetische Material unmittelbar nahe legt."