Chronologie der Ereignisse
Mittwoch, 15.09.2004
Die Trennungsoperation der siamesischen Zwillinge war am Morgen amerikanischer Zeit wiederaufgenommen worden, nachdem sich Tabea von zwei Herzstillständen am vergangenen Samstag so weit erholt hatte, dass sich die Ärzte um Professor Benjamin Carson zum Weitermachen entschließen konnten.
Gegen 06:00 Uhr EST (12:00 Uhr MESZ) hatten die Vorbereitungen der Operation begonnen, etwa drei Stunden später wurden die Nähte vom Samstag wieder geöffnet. Die zum Schutz der Gehirne provisorisch eingepflanzten Titanplatten wurden zunächst nicht entnommen. Stattdessen begann das Team nach der Entfernung eines weiteren gemeinsamen Knochenstückes am Hinterkopf der Zwillinge etwa um 12:30 EST (18:30 MESZ) damit, das noch verbundene Gefäßsystem der Kinder weiter zu trennen. Nach knapp zwei Stunden war das etwa zur Hälfte und ohne weitere Komplikationen gelungen.
Es war vorgesehen, die nach dem Abbruch der Trennung am vergangenen Samstag eingepflanzten Expander unter der zusammengenähten Kopfhaut der Mädchen wieder zu entfernen. Diese Silikonkissen hatten in den vergangenen Tagen dafür gesorgt, dass sich die über Wochen künstlich gedehnte Haut nicht wieder zusammenziehen konnte. So sollte sichergestellt werden, dass nach der Trennung genügend Gewebe für den endgültigen Verschluss der beiden Köpfe zur Verfügung steht.
15:30 Uhr EST (21:30 Uhr MEZ)
: Die Zwillinge sind mit ihrem OP-Gestell wieder mit dem Gesicht nach oben gedreht worden. Obwohl das venöse Gefäßgeflecht noch nicht völlig getrennt worden ist, soll nun offenbar damit begonnen werden, die dicht aneinanderliegenden Gehirne der Mädchen Stück für Stück auseinander zu bringen. Jetzt steht ein sehr heikler Teil der OP an: die Trennung des Geflechtes der Hinterkopf-Blutgefäße. Der Abschluss der OP wird nach jetzigem Stand voraussichtlich nicht vor Mitternacht EST (06:00 Uhr MEZ am Donnerstag) erfolgen können.
17:30 Uhr EST (23:30 Uhr MESZ):
Lea und Tabea geht es immer noch gut. Das Chirurgenteam arbeitet sich weiter zwischen den dicht aneinander liegenden Gehirnen der Mädchen hindurch. Da mit größter Vorsicht vorgegangen werden muss, um Verletzungen des empfindlichen Gewebes und daraus resultierende neurologische Schädigungen der Zwillinge zu vermeiden, verwenden die Ärzte inzwischen auch ein Mikroskop. Sie kommen langsam voran, haben bislang aber offenbar Erfolg bei dem hochkomplizierten Eingriff.
20:00 Uhr EST (02:00 Uhr MESZ): Die Trennung der beiden Gehirne von Lea und Tabea geht weiter voran. Da einige Bereiche aber wohl engeren Kontakt haben, als zunächst angenommen, könnte sich der Abschluss der Operation am Johns Hopkins Hospital verzögern. Wie der stern erfuhr, wird jetzt davon ausgegangen, dass die Gehirne nicht vor Mitternacht Ortszeit (06:00 Uhr MESZ) getrennt sein werden. Es scheint auch möglich, dass dieser Teil des Eingriffs sogar noch einige Stunden mehr in Anspruch nehmen wird.
Sollte alles nach Plan verlaufen, haben die Chirurgen noch eine weitere kritische Aufgabe zu bestehen: die Trennung des zur Zeit noch verbundenen restlichen Venengeflechts der Zwillinge. Verläuft auch diese Phase komplikationsfrei, ist es äußerst wichtig, anschließend die harte Hirnhaut (Dura mater) zu verschließen, da nur so ein Infektionsschutz der empfindlichen Gehirne möglich ist. Im letzten Stadium werden plastische Chirurgen die Köpfe der beiden dann schon separaten Kinder verschließen müssen. Dazu sollen nach der ursprünglichen Planung Knochensegmente aus dem früheren Verbindungsstück der Schädel in den Schläfenbereichen der Mädchen angeschraubt werden. Diese Segmente ragen dann seitlich schützend über die Gehirne und sorgen so dafür, dass die darüber vernähte Haut nicht direkt auf das empfindliche Gewebe drücken kann.
Nach derzeitigem Stand scheint es möglich, dass Lea und Tabea auch bei weiter gutem Verlauf der Operation erst am Vormittag amerikanischer Ortszeit (am Nachmittag MEZ) auf die Intensivstation des Johns Hopkins Children's Center gebracht werden können.
Am 16.09.2004 um 06.15 Uhr unserer Zeit waren beide Zwillinge getrennt. Nach ausführlichen Wiederbelebungen ist Tabea gestorben. Lea ist auf der Intensivstation und in kritischem, aber stabilem Zustand. Die Ärzte gehen davon aus, dass sie sich erholen wird.