Nasa-Studie Die Erde reflektiert immer weniger Sonnenlicht

Eisberge in der Nähe des westgrönländischen Ortes Ilulissat. Foto: Steffen Trumpf/dpa
Eisberge in der Nähe des westgrönländischen Ortes Ilulissat. Foto
© Steffen Trumpf/dpa
Die Erde ist im Lauf der letzten 20 Jahre dunkler geworden. Das betrifft vor allem die Nordhalbkugel des Planeten, wie eine Studie zeigt. Hinter dem Trend stecken gleich mehrere Faktoren.

Die Erde ist von 2001 bis 2024 dunkler geworden - sie reflektiert also weniger Sonnenlicht. Und diese Entwicklung ist auf der Nordhalbkugel stärker ausgeprägt als auf der südlichen Hälfte des Planeten, wie ein Forschungsteam im Fachjournal "Proceedings of the National Academy of Sciences" ("PNAS") berichtet. Eine solche Ungleichheit zwischen nördlicher und südlicher Hemisphäre, die bisher nicht bekannt war, entdeckte ein Team um Norman Loeb vom Nasa Langley Research Center in Hampton (US-Bundesstaat Virginia) nach Analysen von Satellitendaten. 

Generell gewinne die Südhalbkugel im Durchschnitt Strahlungsenergie an der Obergrenze der Atmosphäre hinzu, während es auf der Nordhalbkugel einen Nettoverlust gebe, schreibt die Gruppe. Frühere Studien ergaben demnach allerdings, dass dieses Ungleichgewicht in der Bilanz durch atmosphärische und ozeanische Zirkulationen ausgeglichen wird, die Energie über den Äquator von der Süd- zur Nordhalbkugel transportieren.

Rückgang der Oberflächenalbedo auf der Nordhalbkugel

Die aktuelle Studie zeigt nun, dass die atmosphärischen und ozeanischen Zirkulationen in den letzten beiden Jahrzehnten die Unterschiede nicht ganz ausgleichen konnten. Bei einer durchschnittlichen Energieaufnahme durch die Sonneneinstrahlung von 240 bis 243 Watt pro Quadratmeter ist ein Auseinanderdriften um 0,34 Watt pro Quadratmeter und Jahrzehnt zwar nicht sehr viel. Dennoch sei der Wert statistisch bedeutsam, schreibt das Team. 

Verantwortlich für die unterschiedliche Entwicklung auf der Nord- wie auf der Südhalbkugel sind demnach Entwicklungen von Wasserdampf und Wolken in der Atmosphäre sowie Veränderungen der Albedo an der Erdoberfläche. Albedo ist das Rückstrahlvermögen von Oberflächen. So reflektieren etwa Eis und Schnee mehr Sonnenstrahlung als Gestein oder Wasser. Der Studie zufolge trägt auf der Nordhalbkugel die Abnahme der Meereiskonzentration und der Schneebedeckung zur Verdunkelung bei.

Buschbrände in Australien und Vulkanausbruch im Südpazifik

Neben diesen Faktoren leistet die Wechselwirkung zwischen Strahlung und Aerosolen - also winzigen Schwebeteilchen - den größten Beitrag zu der Differenz. Denn diese Teilchen tragen als Kondensationskerne zur Wolkenbildung bei, was wiederum die Reflexion der Sonnenstrahlung fördert. Den gefundenen Trend erklären die Forscher damit, dass auf der Nordhalbkugel die Feinstaubbelastung aufgrund von Umweltschutzmaßnahmen - etwa in Europa, den USA und China - deutlich gesunken ist. 

Im Gegensatz dazu hätten auf der Südhalbkugel unter anderem die Buschbrände in Australien und der Ausbruch des Vulkans Hunga Tonga im südlichen Pazifik in den Jahren 2021 und 2022 zu einer größeren Menge von Aerosolen geführt. 

Erkenntnisse wichtig für Modelle zum Klimawandel

Bisher waren Wissenschaftler davon ausgegangen, dass Unterschiede bei der Abdunkelung zwischen den beiden Erdhalbkugeln auch durch Veränderungen in der Wolkenbedeckung kompensiert werden. Die Studie deute jedoch darauf hin, dass die Rolle von Wolken bei der Aufrechterhaltung der hemisphärischen Symmetrie begrenzt sein könnte, heißt es nun. Das Verständnis dieser Zusammenhänge sei auch wichtig dafür, Klimamodelle zu verbessern, betonen die Forscher.

dpa

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