Eine sinnvolle Verwendung für Müllberge hat der Darmstädter Geowissenschaftler Herward Molek gefunden. Er will aus Hausmüll-Schlacke und Bauschutt die Deiche an der Elbe wieder aufbauen. Das Verfahren hat in seinen Augen nur Vorteile: Es löst die Entsorgungsprobleme der Müllverbrennungsanlagen, schont natürliche Ressourcen und ist zudem billiger als der herkömmliche Dammbau. Zurzeit arbeitet er mit seinen Studenten unter Hochdruck, um das Projekt wissenschaftlich zu untermauern.
Die Idee ist bereits vor vier Jahren geboren worden. »Damals hat niemand an eine solche Katastrophe wie jetzt an der Elbe gedacht«, erzählt der Professor. Den Anstoß gab das Regierungspräsidium Darmstadt: Die Wissenschaftler an Moleks Institut für angewandte Geowissenschaften der Technischen Universität sollten die Deiche an Rhein und Main prüfen und Sanierungsvorschläge unterbreiten.
Als Partner nahm Molek das Institut für Straßen- und Eisenbahnwesen in Karlsruhe mit ins Boot: »Die Kollegen dort haben bereits Erfahrungen mit Hausmüll-Schlacke im Straßenbau gesammelt.« Dieses Material, das ähnlich aussieht wie kleine Erdklumpen, schien wie geschaffen für die Dämme.
»Voraussetzung ist selbstverständlich, dass in der Schlacke keine giftigen Stoffe vorhanden sind«, stellt Molek klar. Wenn so ein »Müll-Damm« brechen sollte, muss sichergestellt sein, dass nur ungefährliche Stoffe freigesetzt werden.
Die ersten Versuche, in denen die Durchlässigkeit des Materials getestet wurde, verliefen Erfolg versprechend. Der Müll reagiert ähnlich wie die natürlichen Damm-Baustoffe Ton, Sand und Kies. »Einzige Störfaktoren sind scharfe Glasteile und schartige Steinstücke aus dem Bauschutt, die unsere Experimente erschweren«, sagt Molek.
Jetzt will die Forschergruppe in einem Strömungskasten einen »Müll-Deich« von einem halben Meter Höhe aufbauen und seine Festigkeit prüfen. Ende des kommenden Jahres soll dann am Rhein ein Versuchs-Damm aus dem Recycling-Material errichtet werden, kündigt der Professor an: »Ich gehe davon aus, dass nach den Ereignissen an der Elbe unsere Forschungen auf eine große Nachfrage treffen.«
Bislang unterstützt die Bundesstiftung für Umwelt die Arbeit der beiden Institute. Auch drei Müllverwertungsunternehmen zeigen sich großzügig. Ihr Engagement ist nachvollziehbar, müssen sie doch bislang die Entsorgung ihrer Schlacke auf Deponien teuer bezahlen. Im Dammbau könnten sie den Verbrennungsrückstand umsonst loswerden oder vielleicht sogar noch Geld dafür bekommen.
In jedem Falle sind Dämme aus Recycling-Stoffen kostengünstiger. Eine Kalkulation liegt dem Professor allerdings noch nicht vor. Er selbst legt mehr Wert auf die »Schonung der natürlichen Ressourcen«. Für die Gewinnung von Damm-Material müssten keine neuen Kies- oder Tongruben angelegt werden. Auch beim Transport sieht Molek kein Problem: »Müllverbrennungsanlagen gibt es doch überall.«