Die Türkei muss nach Ansicht von Geowissenschaftlern jederzeit mit weiteren schweren Erdbeben bis zu einer Stärke 7 rechnen. Die nächsten Beben würden sich wahrscheinlich immer näher bei Istanbul ereignen, sagte der Münchner Geoforscher Prof. Heiner Igel, Projektleiter des »Internationalen Qualitäts-Netz Georisiken«, am Dienstag bei einem Treffen zur weltweiten Gefährdung durch Erdbeben und Vulkanausbrüche.
Die Türkei liege in einer starken Verwerfungszone, die Beben rückten immer weiter in den Westen. Erst vor einigen Tagen hatte sich in der westanatolischen Provinz Afyon ein Erdbeben der Stärke 6 auf der Richterskala ereignet, bei dem mehr als 40 Menschen ums Leben kamen.
»Wann die Katastrophen stattfinden, wissen wir nicht«
Die Geowissenschaftler kennen weltweit die gefährdeten Regionen für Erdbeben und Vulkanausbrüche sehr genau. »Nur wann die Katastrophen stattfinden, wissen wir nicht«, sagte Prof. Bruce Dingwell (München). Die großen Hoffnungen auf zuverlässige Voraussagen durch physikalische Phänomene hätten sich zerschlagen.
Realistische Einschätzung durch Computersimulationen
Durch Computersimulationen erstellen die Forscher Gefährdungskarten, um Erdbeben oder Vulkanausbrüche realistisch einzuschätzen. Ein großes Problem stelle die dichte Besiedelung von gefährdeten Regionen um Vulkane dar. So wohnten etwa in Italien bei Neapel mehr als 100 000 Menschen an den Flanken aktiver Vulkane.
Jährliche Schäden zwischen 11 bis 35 Milliarden Euro
Durch Erdbeben und Vulkanausbrüche entstehen weltweit jährlich Schäden zwischen 10 und 30 Milliarden Dollar (11 bis 35 Milliarden Euro), sagte Anselm Smolka von der Münchner Rückversicherung. Die Karten der Geowissenschaftler seien für die Schadensabschätzung gute Grundlagen. So liege für das Kölner Becken, in dem einmal in mehreren tausend Jahren mit einem Erdbeben zu rechnen sei, die Schadensabschätzung zwischen 20 und 50 Milliarden Euro (39 bis 97 Milliarden Mark). Der Kölner Dom sei jedoch nicht versichert, sagte Smolka.
Quelle: dpa