Hund Lassie sind sie alle

Hunde sind schlauer als angenommen. Bei Lerntests schnitten sie besser ab als Menschenaffen. Die Kommunikation mit Herrchen macht den Unterschied.

Der schwedische Arzt Axel Munthe hat in seinen berühmten Erinnerungen "Das Buch von San Michele" die Klugheit von Hunden kundig beschrieben: "Es gibt auch dumme Hunde, obwohl der Prozentsatz weit geringer ist als beim Menschen." Wie intelligent Hunde wirklich sind, haben erst neue wissenschaftliche Studien im Einzelnen aufgezeigt. "Der Hund schneidet in vielen Lerntests besser ab als Schimpansen oder Gorillas und entwickelt vor allem exzellente Kommunikationstalente", heißt es in einem Beitrag des Magazins "Gehirn & Geist zu diesem Thema.

Im Gegensatz zu früheren Forschung testeten die Wissenschaftler die Versuchstiere systematisch in Verbindung mit ihren Bezugspersonen - daher der Unterschied in den Ergebnissen. "Das Potenzial der Hunde kann sich nur in ihrer sozialen Gruppe entfalten", sagt der Biologe Vilmos Csànyi von der Eötvös-Lorànd-Universität in Budapest. Er leitet dort die weltweit größte Arbeitsgruppe zur Erforschung des Verhaltens der domestizierten Abkömmlinge des Wolfs.

Zahm nicht gleich dumm

Die Annahme, dass die Domestizierung der Tiere sich negativ auf ihre Auffassungsgabe ausgewirkt habe, wackelt nun gewaltig. Hunde haben zum Beispiel ein grundsätzliches Verständnis von Objekten. Die Forscher verstauten vor den Augen ihrer Probanden ein Spielzeug in einem fahrbaren Container und verschwanden damit kurz hinter einem Sichtschirm. Danach öffneten sie ihn. War er leer, suchten die Tiere gezielt hinter dem Sichtschirm.

Miklosi glaubt, dass der Mensch dem Hund die Fähigkeit angezüchtet hat, ihn zu verstehen. Sie sei also in ihren Genen verankert. Beobachtungen von Wissenschaftlern der Harvard-Universität (USA) und des Max-Planck- Instituts (MPI) für evolutionäre Anthropologie in Leipzig bestätigen das. Von Menschen großgezogene Wölfe versagten in entsprechenden Test, weil fast keiner den Pflegeeltern in die Augen blickte. Sie ignorierten ihre Anwesenheit, obwohl sie gleich nach der Geburt an Menschen gewöhnt waren. Auch Schimpansen und Gorillas bestehen von Hunden gemeisterte Prüfungen mit Interpretationen menschlicher Augensignale, komplizierter Gesten oder Hinweisen mit dem Fuß nicht.

Der Hund ist Asiat

Nach neuen Erkenntnissen zähmten Menschen vor etwa 15 000 Jahren erstmals Wölfe in Ostasien . Peter Savolainen vom Königlichen Institut für Technologie in Stockholm und seine Mitarbeiter haben die Herkunft des Hundes erforscht. Nach ihren Erbgut-Untersuchungen stammt die Population aller Hunde von mindestens fünf weiblichen Wölfen ab, wobei drei Linien den Ursprung von 95 Prozent aller Hunde bilden. Alle Linien seien in China entstanden, glaubt das Team.

MPI-Direktor Michael Tomasello hat ein dreistufiges Szenario der Entwicklung der Beziehung Mensch/Hund entworfen. Die ersten Hunde waren Spielgefährten der Kinder, aber auch nächtliche Wächter. Später nutzte der Mensch den treuen Gefährten auch bei der Jagd und zum Schafe hüten. In den vergangenen 500 Jahren züchtete er aus dem Ur-Hund 400 Rassen.

In einer früheren Ausgabe der Zeitschrift "Archäologie in Deutschland" (Stuttgart) beschäftigte sich Norbert Benecke vom Deutschen Archäologischen Institut in Berlin mit der Geschichte des Hundes. Der Mensch hatte schon sehr früh ein emotionales Verhältnis zu seinem Haushund. Dies zeigen Gräber, in denen Verstorbenen gemeinsam mit ihrem tierischen Freund bestattet wurden. In einem Doppelgrab bei Bonn-Oberkassel wurden Skelettreste gefunden, die nach Radiokarbon-Messungen etwa 14 000 Jahre alt sind.

Benecke vermutet, dass Steinzeitmenschen junge Wölfe aufzogen, die ihnen auf Jagdzügen in die Hände gefallen waren. Seiner Meinung nach konnten sich die Wolfskinder in die Menschengruppen so gut einfügen, weil sie auch Rudeltiere sind. Damit besaßen sie Eigenschaften, die mit menschlichem Verhalten übereinstimmen: zum Beispiel Rangordnung, Aufgabenteilung und Fürsorge. Jahrtausende der Züchtung machten die ehemaligen Raubtiere immer "menschlicher". So entstand eine einmalige Beziehung zwischen Tier und Mensch - nämlich die zwischen Herrchen und Hund.

DPA
Rudolf Grimm

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