800 Meter lang, 60 Meter breit, vier Turbinen und eine Leistung von 108 000 Kilowatt, was etwa dem Verbrauch der Stadt Heidelberg entspricht: Das sind die technischen Daten der Staustufe Iffezheim. Aber auch diese Zahlen gehören dazu: 162 Lachse, über 700 Meerforellen, mehrere Tausend Barben. So lautet die Bilanz von Ingo Nöthlich von der Bundesanstalt für Gewässerkunde, Abteilung Tierökologie. Er betreut die Untersuchungen am Fischpass Iffezheim südlich von Karlsruhe, dem bisher größten Europas. Die rund 300 Meter lange Betonröhre ermöglicht Fischen den Aufstieg über die Staustufe in ihre Geburtsgewässer und damit an ihre Laichplätze.
Ohne den Fischpass wäre das Ökosystem gefährdet
Rund elf Meter Höhendistanz gilt es an der Staustufe Iffezheim zu überwinden. Im Unterschied zu einer Fischtreppe müssen die Fische beim Pass nicht springen. Forellen, Barben, Lachse und Nasen, aber auch Egel oder Schnecken bewegen sich gegen den Strom und erreichen so über 37 Aufstiegsbecken das so genannte Oberwasser, also den Rhein oberhalb der Staustufe. Ohne diese Aufstiegsmöglichkeit wäre nicht nur ihre Fortpflanzung, sondern auch das Gleichgewicht im Ökosystem Rhein gefährdet.
Die Videokamera ortet die Fische
Schon gut zwei Stunden nach Eröffnung des rund 7 Millionen Euro teuren Passes im Juli 2000 hatte der erste Fisch das Oberwasser erreicht. 23 000 sind ihm seit Beginn der Untersuchung gefolgt. Ingo Nöthlich freut sich jedes Mal, wenn ein weißes Rechteck im Bild der Videokamera anzeigt, dass ein Fisch geortet wurde. Diesmal ist es eine kleine Barbe, die sich erst einmal an den Algen an der Glasscheibe, die die Forschungsstelle vom Fischpass trennt, zu schaffen macht. Aufsteigen macht offenbar hungrig.
Ein Bewegungsmelder startet automatisch die Videoaufnahme. So erhalten die Wissenschaftler von der Bundesanstalt für Gewässerkunde wertvolle Daten über Menge, Arten und Wanderverhalten. Regelmäßig fischen die Wissenschaftler Stichproben aus dem Wasser des Passes. Diese Fische werden dann untersucht, gewogen und markiert, bevor sie wieder in den Rhein entlassen werden. Da kann es schon mal passieren, dass man auf alte Bekannte trifft. Ein in Rotterdam markierter Lachs am Rheinkraftwerk Iffezheim ist keine Seltenheit.
Rückkehr in die Laichgewässer wird ermöglicht
Vor allem um »Langdistanzwanderfische« wie Lachse und Meerforellen geht es den Wissenschaftlern. Es wäre für sie ein Jammer, wenn ein Lachs, der etwa in der Acher geboren wurde und innerhalb von drei Jahren bis an die nordamerikanische Ostküste oder Island gewandert ist, kurz vor dem Ziel durch die Staustufe an der Rückkehr in die Laichgewässer in Breusch, Acher oder Rench gehindert würde.
Ein »Lockstrom« leitet die Fische
Aber nicht jeder der Fische wandert so weit. 32 Arten hat der Fischfilmer Nöthlich bisher gezählt. Darunter auch viele kleinere, regionale Fischarten. Unterhalb der Staustufe herrscht durch die Turbinen des Rheinkraftwerks eine starke, verwirbelte Strömung. Über einen Lockstrom werden die Fische zu den drei Eingängen des Passes geleitet. Denn Fische, die zu ihrem Geburtsort wandern, haben nur eine Richtungsangabe: immer gegen den Strom. In jedem Becken verweilen die Fische ein bisschen, um wieder die Orientierung finden. Das wiederholt sich 37 Mal - dann ist das Oberwasser erreicht.
Übrigens könnte Iffezheim Schule machen: Demnächst soll in Gambsheim bei Straßburg der nächste Fischpass gebaut werden.
Sarah Renner