Erwärmung der Ozeane Temperatur der Nordsee auf Rekordhoch – das ist der Grund

Die Sonne geht über der Nordsee auf Norderney unter und spiegelt sich dabei in einem Priel
Die Sonne geht über der Nordsee auf Norderney unter und spiegelt sich dabei in einem Priel
© Hauke-Christian Dittrich / DPA
Seit Monaten rätseln Wissenschaftler, warum sich die Ozeane plötzlich so rasant erwärmen. Auch in der Nordsee wurden zuletzt Rekordtemperaturen gemessen. Forscher glauben zu wissen, wie es dazu kommt.

Lange galten Ozeane als Kühler des Planeten. Während sich Land und Luft durch den menschengemachten Klimawandel rasant aufheizten, blieben die Meere lange verschont – bis jetzt. Seit Monaten beobachten Wissenschaftler sorgenvoll, dass auch die Temperaturen der Ozeane neue Rekorde erreichen. Betroffen ist auch die Nordsee: Im vergangenen Jahr war sie so warm wie nie seit Aufzeichnungsbeginn. Das zeigen Messungen der Biologischen Anstalt Helgoland des Alfred-Wegener-Instituts (Awi) in Bremerhaven. Demnach lag die mittlere Wassertemperatur im Jahr 2023 bei knapp 11,9 Grad. Dem Institut zufolge war das die höchste ermittelte Temperatur seit Beginn der Langzeitdatenreihe "Helgoland Reede" im Jahr 1962. Die hohen Temperaturen führen die Experten auf den Klimawandel zurück und könnten deutliche Folgen für das Ökosystem haben, hieß es. 

Auch im laufenden Jahr haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weiter hohe Temperaturen in der Nordsee festgestellt. Dem Alfred-Wegener-Institut zufolge gehören Januar, Februar, März und April 2024 im Mittel zu den jeweils zehn wärmsten Monaten seit 1962. "Der März 2024 war mit einer mittleren Wassertemperatur von 6,9 Grad Celsius sogar der wärmste März seit 1962", hieß es.

Die Daten zeigen demnach einen Zusammenhang zwischen den monatlichen Temperaturen in der Deutschen Bucht und den Temperaturen auf dem deutschen Festland. "Die Nordsee erwärmt sich so schnell, weil sie ein Flachmeer ist, das von Landmassen umgeben ist, wie eine große Pfütze", sagte die Direktorin der Biologischen Anstalt Helgoland, Prof. Karen Wiltshire. "Deshalb sind die Temperatur-Trends für das Festland absolut konform mit denen für die Wassertemperatur." Dem Institut zufolge wirken sich marine Hitzewellen wahrscheinlich nicht nur auf die Oberflächengewässer, sondern auch auf die Lebensräume am Meeresboden aus.

Unklar, warum sich die Meere weiter erwärmen

Die Ursachen für die Erwärmung der Weltmeer sind aber andere. Der globale Temperaturanstieg der Ozeane lässt sich bisher wissenschaftlich nicht eindeutig erklären. Theorien gibt es viele, konkrete Antworten aber kaum. Ein Grund könnte das Naturphänomen El Nino an der Westküste Südamerikas sein. Die Meeresströmung sorgt naturgemäß für wärmere Temperaturen.

Klimawissenschaftler gehen davon aus, dass auch die Treibhausgas-Emissionen eine Rolle spielen. Seit der Industrialisierung haben die Ozeane etwa ein Drittel der weltweiten Emissionen aufgenommen, das entspricht etwa 24 Millionen Tonnen pro Tag. Die Werte sind mittlerweile so hoch wie seit 20 Millionen Jahren nicht mehr.

Eigentlich zählen die Ozeane zu den größten natürlichen Kohlenstoffspeichern des Planeten. Das Gas wird entweder durch Meeresströmungen in die Tiefsee transportiert und abgelagert oder nahe der Meeresoberfläche von Algen und Plankton durch Photosynthese umgewandelt. Damit haben die Ozeane den Klimawandel abgemildert – bisher. Wie der steigende CO2-Gehalt die Meerestemperatur beeinflusst, wird derzeit noch weiter erforscht. 

DPA
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