Kohlblattläuse schützen ihre Kolonie vor Fressfeinden, indem sie bei einem Angriff in ihrem Körper Senföl produzieren. Bei dieser Verteidigungsstrategie kommen die Tiere selbst ums Leben, haben britische und norwegische Forscher beobachtet. Zur Herstellung des Senföls nehmen die Läuse aus den Kohlpflanzen so genannte Glucosinolate auf und reichern sie in ihrem Blut an. In ihren Muskeln produzieren die Läuse zudem einen Eiweißstoff, der durch einen Biss des Fressfeindes, wie beispielsweise eines Marienkäfers, freigesetzt wird. Dieses als Myrosinase bezeichnete Enzym wandelt die Glucosinolate in Senföle um, welche die Angreifer töten oder verletzen. Über ihre Ergebnisse berichtet das Wissenschaftlerteam um Eleanna Kazana vom Imperial College in London im Fachmagazin "Proceedings of the Royal Society B" (11. Juli 2007, DOI: 10.1098/rspb.2007.0237).
Bei Kohlpflanzen abgeguckt
Diesen zweigeteilten Verteidigungsmechanismus haben die Insekten von den Kohlpflanzen übernommen, die sich damit selbst vor Fressfeinden schützen. Auch bei den Pflanzen sind das Enzym und der Ausgangsstoff für das Senföl normalerweise getrennt und werden erst durch eine Beschädigung von pflanzlichem Gewebe zusammengebracht, um daraufhin den giftigen Wirkstoff zu erzeugen.
Um ihre Beobachtungen zu untermauern, kontrollierten die Wissenschaftler in einem Laborversuch die Ernährung der Kohlblattläuse. Diese bekamen entweder eine an Glucosinolaten reiche Kost oder wurden ohne diese Substanzen ernährt. Während die Läuse, welche mit dem chemischen Wirkstoff gefüttert wurden, erfolgreich Marienkäfer abwehren konnten, gelang dies den ohne Glucosinolaten ernährten Tieren nicht. Mithilfe von Antikörpern gegen das Enzym Myrosinase konnten die Forscher zudem zeigen, dass bereits die Embryonen der Blattläuse dieses Enzym produzieren und im Laufe ihrer Entwicklung in ihrer Kopf- und Rumpfmuskulatur speichern und anreichern.
Wer Flügel hat, braucht kein Gift mehr
Weitere Untersuchungen ergaben, dass die Menge an Glucosinolaten bei den Blattläusen wieder abnahm, die Flügel entwickelten. Diese Insekten benötigen diesen chemischen Schutz nicht mehr, da sie einfach ihren Fressfeinden davonfliegen können, erklären die Forscher.
In der Natur leben Blattläuse oftmals in Kolonien mit mehreren hundert Individuen auf einer Pflanze. Die Anwendung des Senföls zur Verteidigung schützt die Lebensgemeinschaft der flügellosen Blattläuse wirkungsvoll vor Fressfeinden, auch wenn dafür das direkt angegriffene Insekt sein Leben lassen muss.