Frankfurt wird nach Wien der zweite Ort auf dem europäischen Kontinent sein, der ein kleines Exemplar der Wollemi-Kiefer ausstellt, die auch liebevoll als "grüner Dino" bezeichnet wird.
Der Parkranger David Noble hatte im September 1994 bei einem Ausflug in eine der tiefen Schluchten des Parks eine Gruppe von 23 bis zu 40 Meter hohen Bäumen entdeckt, die er nie zuvor gesehen hatte. Auch die Wissenschaftler am botanischen Garten von Sydney konnten die Zweige zunächst keiner bekannten Gattung zuordnen. Erst nach langen Vergleichen konnte man 1995 den Baum bestimmen: Die "Wollemia Nobilis" (deutsch: Wollemi-Kiefer) gehört zu einer Gruppe von Bäumen, deren nächste - längst ausgestorbene - Verwandte mindestens 50 Millionen Jahre alt sind.
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Extrem überlebensfähig
Botaniker verglichen dazu Zweige der Wollemia Nobilis mit Fossilien, die vom südlichen Ur-Kontinent Gondwana stammten und fanden eine verblüffende Übereinstimmung. "Mit Sicherheit können wir sagen, dass der Baum 90 Millionen Jahre alt ist", meint Michael Kiehn. Professor an der Uni-Wien. In Australien selbst sei der Baum eigentlich bereits vor zwei Millionen Jahren ausgestorben. "Die Wollemi-Kiefer braucht eine gewisse Luftfeuchtigkeit, die in Australien so nicht mehr vorhanden ist".
Doch die Blue Mountains, wo die Pflanze überlebt hat, seien ein Sonderfall. Es handelt sich um ein uraltes geologisches Gebiet mit sehr tiefen Einschnitten. In den Flusstälern hält sich der Nebel, so dass die Bedingungen fürs Überleben der botanischen "Dinos" bis heute gegeben waren. Dazu kommt, dass die Pflanzen extrem überlebensfähig sind. "Sie vermehren sich sowohl über Samen als auch über Triebe. Und wenn ein Baum umfällt, treiben die Stämme wieder aus".
Angst vor Krankheitserregern
Dass die rund 90 Bäume, die heute in drei bis zu 200 Meter tiefen Schluchten existieren, genetisch "sehr dicht beisammen sind" (so Kiehn) ist kaum überraschend. Schließlich lebten sie vermutlich Millionen von Jahren auf engstem Raum zusammen. Außerhalb ihres "extrem fragilen" Standorts haben sie in Australien keine Überlebenschance.
Aus diesem Grund haben die australischen Naturschützer von "Wollemi Pine International" in den vergangenen Jahren alles getan, um diesen kleinen "Jurassic Park" gegen mögliche Eindringlinge abzuschotten. So wird die genaue Lage der drei Schluchten bis heute geheim gehalten. Menschen könnten Krankheitserreger einschleppen, die die seit Millionen Jahren völlig isoliert lebenden Bäume in kürzester Zeit zerstören könnten.
6000 Stecklinge angepflanzt
Angesichts der permanenten Gefahr, in der sich die botanischen Dinos befinden, haben die Naturschützer im Auftrag der Regierung von Queensland früh damit begonnen, nach Wegen zu suchen, wie man die schöne, satt-grüne Pflanze auch außerhalb ihres heutigen, knappen Lebensraum ansiedeln kann. So begannen sie 1996/97 damit, die Zapfen der Bäume mit Hubschraubern aus der Luft abzusamen. Außerdem wurden neue Bäumchen über Stecklinge gezüchtet. Bis zu 6000 kleine Wollemia- Kiefern wachsen so zurzeit in Australien unter dem Schutz der Organisation heran.
Das erste Bäumchen erhielt bereits im vergangenen November der Botanische Garten Wien zu seinem 250. Geburtstag. Seither wächst es dort in einem passenden Käfig munter vor sich hin. Allerdings soll die kleine Wollemia-Kiefer (die botanisch gar keine Kiefer ist) noch in diesem Herbst in das riesige und attraktivere Gewächshaus im Park von Schönbrunn übersiedeln. In freier Natur würden die Bäume in unseren Breiten nicht überleben, denn sie gedeihen nur bei Temperaturen zwischen maximal -5 und 45 Grad.
"Als würde man einen kleinen lebenden Dinosaurier finden"
Ab Ende dieses Jahres sollen Interessenten sie weltweit kaufen können. Welche Bedingungen die Beschützer des grünen Dinos stellen und was die Bäume kosten sollen, konnten die Naturschützer auf Anfrage noch nicht sagen. "In jedem Fall ist dieser Schritt sehr wichtig für die Arterhaltung", meint Professor Kiehn. Immerhin, so glaubt auch Carrick Chambers, Direktor des Botanischen Gartens in Sydney, "ist der Fund so bedeutend, als würde man heute einen kleinen lebenden Dinosaurier auf der Erde finden".
Christian Fürst, DPA