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Das "Objekt der Begierde" ist ein kleines Knochenstück. Sechs Zentimeter groß, grob rechteckig, mit einigen Kerben. Genau diese Kerben sollen belegen, dass der Neandertaler schon vor mehr als 50.000 Jahren künstlerisch aktiv war. "Eine Sensation" soll das sein. Das Knochenstück wurde in Niedersachsen gefunden – und könnte einen großen Einfluss auf die Geschichte unserer Vorfahren haben.
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Experten: "Ältestes verziertes Objekt Niedersachsens"
Der "spektakuläre Neufund" wurde im heute verschütteten, ehemaligen Eingang der sogenannten Einhornhöhle im Harz gemacht. Neben anderen Tierschädeln und Knochen entdeckt das Team einen Riesenhirschknochen mit einem Muster aus verschiedenen Kerben. Schnell ist klar, dass es sich dabei nicht um Schlachtspuren, sondern Verzierungen handeln muss.

Das Alter des Fundes wird auf etwa 51.000 Jahre datiert, dann wird der Knochen genauer analysiert. "Als Ergebnis haben wir gesehen, dass diese Winkelmuster zum Einen sehr tief angelegt worden sind, das heißt, man hat für jedes Winkelmuster circa zehn Minuten gebraucht, für jeden Einschnitt, für jede Kerbe. Die Abstände zwischen den Linien sind sehr regelmäßig", erklärt Dirk Leder, der Grabungsleiter. Man habe dann selbst Experimente gemacht, um zu zeigen, wie der Knochen damals wahrscheinlich verziert worden ist. "Interessant ist, dass der Neandertaler zu dem Zeitpunkt allein in Europa war", demnach habe er ihn ganz allein verziert.
Wissenschaftsminister: "Geschichtsschreibung neu justieren"
"Ich bin stolz auf die gute und präzise Wissenschaft aus Niedersachsen", sagt der niedersächsische Wissenschaftsminister, Björn Thümler (CDU). Er lobt die Zusammenarbeit verschiedener Forschungseinrichtungen. Mit den aktuellen und anderen Funden und Forschungsergebnissen müsse man die Geschichtsschreibung neu justieren. "Niedersachsen ist stolz auf seine Archäologen."

Bereits 1985 werden erste Funde rund um die Einhornhöhle bei Göttingen gemacht. Übrigens: Dass hier wirklich Einhörner gelebt haben, ist wohl nur eine Legende. Dafür finden die Forscher aber immer wieder Spuren der Vergangenheit: Kleine Knochen, Steingeräte, Tierzähne oder auch ein fast vollständiges Skelett eines Höhlenbären. Im RTL Nord-Interview erzählt Paläontologe Ralf Nielbock schon 2019, dass man erst einen vergleichsweise kleinen Teil bearbeitet habe, "das ist die Stecknadel im Heuhaufen." Bis 2028 haben die Experten die Höhle gepachtet. Denn der wichtigste Fund steht noch aus: Knochen eines Neandertalers.