Bettwanzen Bissige Biester oder kleine Detektive?

Bettwanzen ernähren sich von menschlichem Blut
Bettwanzen ernähren sich von menschlichem Blut
© Emanuele Biggi / Imago Images
Bettwanzen sind keine gern gesehenen Gäste: Ihre Bisse lösen Juckreiz und Ausschlag aus. Los wird man die Tierchen kaum. Wissenschaftler sehen in ihnen aber großes Potenzial.

Unter gleißend heller Laborbeleuchtung streckt ein Forschungsassistent seinen Unterarm aus und stülpt vorsichtig einen mit Netzstoff überzogenen Behälter auf seine nackte Haut: Er erlaubt der in dem Behälter wimmelnden Masse von Bettwanzen, sich an seinem Blut zu nähren – alles im Dienste der Forschung. Malaysische Wissenschaftler sehen in den von den meisten Menschen als üble Schädlinge gefürchteten Insekten ein neues Potenzial: Sie können in der Verbrechensbekämpfung eingesetzt werden.

Ein Forscherteam der Wissenschaftlichen Universität Malaysias (USM) in Penang hat herausgefunden, dass tropische Bettwanzen menschliche DNA bis zu 45 Tage in ihrem Inneren bewahren, nachdem sie sich an einem nichtsahnenden Menschen genährt haben. Das macht die winzigen Insekten, die sich gern in Matratzennähten, Kopfkissenbezügen oder dem Kopfteil von Betten verstecken, zu einer idealen Quelle von Beweismitteln über Menschen, die sich an Tatorten aufgehalten haben.

Die Forscher hoffen, dass Polizeiermittler mit Hilfe von an Tatorten gefundenen Bettwanzen künftig das äußere Erscheinungsbild von Verbrechern rekonstruieren können. Über die in den Tierchen bewahrte menschliche DNA könnten Details wie Geschlecht, Augenfarbe sowie Haut- und Haarfarbe von Tätern festgestellt werden, sagt der Insektenforscher Abdul Hafiz Ab Majid. "Wir nennen Bettwanzen auf Malaysisch 'der Feind in der Decke'", sagt Hafiz. "Aber sie können auch Spione sein".

Bettwanzen "sind perfekt für die Kriminoologie"

In einem Labor an der USM haben Hafiz und seine Postdoktorandin Lim Li fast ein halbes Jahrzehnt damit zugebracht, tropische Bettwanzen zu erforschen. Sie züchten die Tierchen in kleinen Behältern unter einer Laborbank bei deren Wohlfühltemperatur von 23 bis 24 Grad Celsius und Dämmerlicht.

Pro Mahlzeit saugen die Tiere zwischen 1,5 und 5,3 Mikroliter Blut – "weniger als ein Tröpfchen", wie Hafiz erklärt. Anders als etwa Mücken können Bettwanzen nicht fliegen, und sobald sie gefressen haben, "blähen sie auf und können sich nicht mehr viel bewegen", schildert der Forscher. "Das macht sie einzigartig. Man kann sagen, sie sind geradezu perfekt für den Einsatz in der Kriminologie – sie fliegen nicht weg."

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Besonders hilfreich könnten die Insekten an Tatorten sein, wo Spuren durch den Täter weggewischt wurden, um Beweismittel zu zerstören: Die Tierchen sind meist gut versteckt und entgehen so der Tatortreinigung.

Bissige Bettwanzen als kleine Helferlein

Postdoktorandin Lim hat die Bettwanzen während ihrer Forschungen immer wieder ihr Blut saugen lassen, um zu ermitteln, wie lange sich menschliche DNA in deren Verdauungsapparat hält. Die Wissenschaftlerin bricht eine Lanze für die Insekten, die ihrer Meinung nach "missverstandene Geschöpfe" sind. "Man sollte die Menschen besser aufklären", fordert sie: "Selbst wenn man gebissen wird, übertragen Bettwanzen keine Krankheiten" – auch wenn ihr Biss einen stark juckenden Ausschlag hinterlässt, der wochenlang bleiben kann.

Ein Wunder-Hilfsmittel zur Verbrechensaufklärung sind die Tiere dennoch nicht. "Sie eröffnen Ermittlern ein Zeitfenster von 45 Tagen, um sie als Beweismittel zu nutzen – und auch nur, wenn sie am Tatort verfügbar sind", räumt Hafiz ein.

AFP
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