FSME-Infektionen Immer früher im Jahr – Warum Zecken jetzt schon gefährlich sind

Zeckenjahr 2024: Frau wandert durch Wald
Zeckenjahr 2024: In Wäldern ist das Zecken-Risiko besonders hoch, aber auch im heimischen Garten oder einem Park lauern die Spinnentiere auf Wirte. Vorzugsweise sitzen sie im feuchten Gras oder auf den Zweigen niedriger Büsche, von denen sie sich abstreifen lassen. Aktiv springen können Zecken nicht.
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Warum 2024 ein starkes Zeckenjahr wird und wo die meiste Gefahr droht. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

2023 gab es weniger Infektionen mit Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) als im Vorjahr. Ist das ein genereller Trend?

Leider nicht. "Bis etwa 2017 war jedes dritte Jahr ein starkes Zeckenjahr, mittlerweile ist es jedes zweite Jahr. Für 2024 rechnen wir also wieder mit mehr Infektionen", sagt Prof. Ute Mackenstedt, Leiterin der Abteilung Parasitologie der Universität Hohenheim. Warum es dieses Auf und Ab bei den Ansteckungen gibt, wissen Forscher noch nicht. Unabhängig davon steigt die durchschnittliche Zahl der FSME-Infektionen seit Jahren, zeigen Statistiken des zuständigen Robert-Koch-Instituts (RKI). 

Ab wann im Jahr muss man besonders auf Zecken aufpassen?

Mittlerweile sind Zecken das ganze Jahr über aktiv. Ursache dafür sind die immer milderen Winter ohne starke Fröste. Dadurch kann man sich das ganze Jahr über mit dem gefährlichen FSME-Virus infizieren. "Die erste Infektion in diesem Jahr registrierte das RKI im Februar, das bedeutet, dass der Zeckenstich bereits im Januar stattgefunden haben muss", sagt Mackenstedt. Ab März/April steigt dann die Aktivität der Zecken stark an.  

Kann jeder Zeckenstich zu einer Infektion mit FSME oder Borreliose führen?

Mit Borreliose, einer bakteriellen Infektion, kann man sich praktisch überall anstecken. Bei FSME ist das etwas anders, sagt Mackenstedt: "Es gibt sogenannte Naturherde, Orte etwa von der Größe eines halben Fußballfeldes, in denen Zecken das FSME-Virus in sich tragen und andere Stellen, in denen das Virus nicht auftritt." In diesen Hotspots schwankt die Zahl der FSME-positiven Zecken zwischen 0,5 und drei Prozent; die Wahrscheinlichkeit sich dort bei einem Stich zu infizieren, liegt also bei etwa 1:50. Wo sich diese Naturherde befinden, erfahren die Forscher durch infizierte Patienten. Wer jeden Tag mit dem Hund die gleiche Strecke abläuft, kann den Infektionsort meist gut benennen.   

Was sind typische Symptome einer FSME-Infektion?

Die Symptome sind zunächst unspezifisch: Fieber und Kopfschmerzen können auch auf eine Sommergrippe oder einen grippalen Infekt hindeuten. "Bei einer FSME-Infektion treten dann meist zwei Wochen später noch einmal heftige Kopfschmerzen und hohes Fieber auf. Dann sind die Viren auch im Gehirn oder Rückenmark", weiß die Expertin. 

Wie oft bleibt eine FSME-Infektion unentdeckt?

Erst seit Kurzem lassen sich Antikörper, die der Körper nach einer FSME-Impfung bildet, von denen durch eine Infektion unterscheiden. Das Verhältnis der gemeldeten Fälle und der durch Antikörper nachgewiesenen beträgt etwa 1:7. Das bedeutet, die große Mehrzahl der Infektionen bleibt unerkannt. 

Immer neue Zeckenarten breiten sich bei uns aus. Steigt dadurch das Infektionsrisiko?

"Durch Citizen Science-Projekte wissen wir, dass vor allem die eingewanderte Auwaldzecke viel weiter verbreitet und häufiger ist als bislang vermutet", sagt Mackenstedt. Auwaldzecken übertragen das FSME-Virus zwar nur selten auf Menschen, aber sie leben als Larven und Nymphen in den Bauen von Nagetieren und geben dort das Virus an die Tiere weiter. Von solchen infizierten Nagern können wiederum einheimische Zecken – die Holzböcke –  das Virus aufnehmen und dann auf Menschen übertragen.  

Können auch Tiere durch eine FSME-Infektion erkranken?

Neue Untersuchungen zeigen, dass sich auch Pferde, Hunde und Nutztiere mit dem FSME-Virus infizieren und schwer erkranken können. 

Deutschlandkarte mit blauen und weißen Feldern
Zeckenjahr 2024: Die aktuelle FSME-Risikokarte des Robert Koch-Instituts zeigt blau markiert alle Kreise, in denen in den vergangenen Jahren gehäuft Infektionen mit dem FSME-Virus auftraten. Grundsätzlich kann man sich auch in allen weiß markierten Landkreisen mit FSME infizieren.
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Wo kommen Zecken besonders häufig vor?

Zecken mögen es feucht, daher sind sie in Wäldern meist häufiger und aktiver als im heimischen Garten. Bei Trockenheit ziehen sie sich an schattige, feuchte Stellen zurück. Grundsätzlich gilt aber, so Mackenstedt: "Sobald Sie das Haus verlassen, können Sie sich auch anstecken."  

Kann ich mich überall in Deutschland mit FSME anstecken?

Mit dem Klimawandel breiten sich Zecken und damit auch das FSME-Virus immer weiter nach Norden aus. Zwar werden die meisten Infektionen nach wie vor in Süddeutschland registriert, "aber grundsätzlich ist ganz Deutschland ein Endemiegebiet", betont Mackenstedt. Insofern täuschen die Verbreitungskarten manchmal eine falsche Sicherheit vor. Auch in Landstrichen, die laut RKI keine ausgewiesenen Infektionsgebiete sind, kann man sich infizieren.  

Wie schütze ich mich am besten?

Zur Zeckenabwehr eignen sich bekannte Repellents zum Aufsprühen oder Einreiben, die den körpereigenen, für die Spinnentiere verlockenden Geruch überdecken. Der beste Schutz vor einer Infektion mit dem FSME-Erreger ist es jedoch, sich nach dem Aufenthalt im Freien nach Zecken abzusuchen. Noch besser ist die gegenseitige Inspektion durch den Partner oder einen Familienangehörigen – auch an Stellen, die man selbst nicht gut einsehen kann. Hat sich eine Zecke schon in die Haut gebohrt, lässt sie sich meist gut per Zeckenkarte oder -zange entfernen. Am besten, man desinfiziert die Stichstelle anschließend mit einem üblichen Desinfektionsspray, denn Zecken übertragen neben FSME und Borreliose auch jede Menge anderer Erreger.  

Wie hoch ist die Impfrate in Deutschland?

"In Österreich sind etwa 80 Prozent der Menschen gegen eine FSME-Infektion geimpft, aber schon bei einer Impfrate von 50 Prozent sinkt die Rate der Neuinfektion deutlich", sagt Mackenstedt. In Deutschland liegt die Impfquote je nach Bundesland bei nur etwa 17 bis 25 Prozent. "Eltern unterschätzen vor allem oft das Risiko für ihre Kinder; auch diese können schwer an FSME erkranken."  

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