Nach zweijährigem zähen Ringen hat Spaniens umstrittene Reform des Arbeitsmarktes die erste parlamentarische Hürde genommen. Für die Annahme der Neuregelung votierten am späten Dienstagabend allerdings nur die Sozialisten von Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero, der damit eine drohende Regierungskrise abwenden konnte. Die konservative Volkspartei (PP) als stärkste Oppositionskraft und andere Fraktionen enthielten sich. Dagegen stimmten nur kleinere Linksparteien. Insgesamt gab es 168 Ja- und acht Nein-Stimmen sowie 173 Enthaltungen.
In den nächsten Wochen wird das Parlament über Änderungsvorschläge der Opposition beraten. Frühestens im August soll die Reform dann endgültig verabschiedet werden. Sie sieht unter anderem vor, den Kündigungsschutz zu lockern und die als überhöht geltenden Abfindungen bei Entlassungen zu senken. Im Gegenzug sollen die Unternehmen mehr Festeinstellungen vornehmen. Zudem wird nach deutschem Vorbild das System der Kurzarbeit gefördert.
Die Regierung hofft, damit die hohe Arbeitslosigkeit von rund 20 Prozent reduzieren und die Märkte angesichts der Schuldenkrise Spaniens beruhigen zu können. "Es handelt sich um eine ausgewogene Initiative, die für die nötige Flexibilität sorgt, ohne die Rechte der Arbeitnehmer zu verletzen", sagte Arbeitsminister Celestino Corbacho. Die Gewerkschaften, die für den 29. September zu einem Generalstreik aufgerufen haben, warfen der Regierung dagegen am Mittwoch Verrat an ihren sozialistischen Idealen vor: "Die Spanier werden zu billigen Arbeitskräften degradiert." Den Arbeitgebern gehen die Maßnahmen hingegen nicht weit genug.
Die Reform kostet den Staat rund 740 Millionen Euro. Ein Großteil davon soll dazu dienen, Anreize für mehr unbefristete Verträge in den Unternehmen zu schaffen und die Einstellung von jungen Leuten sowie Langzeitarbeitslosen zu fördern. Das Gesetz war am vergangenen Mittwoch vom Kabinett beschlossen worden, nachdem sich die Tarifparteien nach zweijährigen Verhandlungen nicht auf einen Kompromiss hatten einigen können.
Nach Angaben der Regierung wird die Reform dazu beitragen, dass bis Ende 2011 fast 2,4 Millionen Arbeitnehmer unbefristete Verträge erhalten. Die Reform war auch von der Europäischen Kommission und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) angemahnt worden, um das hoch verschuldete Land produktiver und wettbewerbsfähiger zu machen. Spaniens Arbeitslosenquote ist mit rund 20 Prozent doppelt so hoch wie im Durchschnitt der Euroländer. Der Anteil zeitlich befristeter Verträge liegt bei etwa 30 Prozent.
Im Kampf gegen die Schuldenkrise hatte Madrid bereits im Mai ein 15 Milliarden Euro schweres Sparpaket beschlossen, das unter anderem Kürzungen der Beamtengehälter und eine Nullrunde für Rentner vorsieht.