Die Vereinigten Staaten von Amerika sollen sich aus dem Machtwechsel in Syrien heraushalten – so will es der gewählte US-Präsident Donald Trump. "Das ist nicht unser Kampf", teilte der 78-Jährige am Wochenende auf Truth Social mit, Stunden bevor der syrische Diktator Baschar al-Assad in Richtung Moskau floh.
Die Zeiten, in denen die Vereinigten Staaten bestimmen, wer in gewissen Ländern im Nahen Osten regieren soll, sind lange vorbei. Trump wurde 2016 und 2024 auch dafür gewählt, dass das so bleibt. Der künftige Präsident hofft nun, dass ein geschwächtes Russland, das Assad lange gestützt hatte, auch schneller zu einem Kriegsende in der Ukraine bereit ist. Wie es politisch genau in Syrien weitergeht, ist für ihn eher ein Randthema. Hauptsache Frieden in Nahost und Osteuropa – das ist seine Maxime.
Doch ganz so schnell und reibungslos, wie er es hofft, dürfte es nicht gehen. Mehr noch: Der künftige Präsident und der Amtsinhaber haben wohl unterschiedliche Auffassungen über die Rolle der USA. Donald Trump will sich nicht einmischen, Joe Biden sehr wohl.
Als der US-Präsident am Sonntagnachmittag im Weißen Haus vor die Kameras trat, verbuchte er den Sturz von Assad als einen indirekten Erfolg für sich und seine Politik. "Zum ersten Mal konnten weder Russland noch der Iran noch die Hisbollah dieses abscheuliche Regime in Syrien verteidigen", sagte Biden. Eine Kombination aus Sanktionen, der amerikanischen Militärpräsenz in Syrien zur Bekämpfung des IS sowie die Unterstützung für israelische Militäroperationen gegen die Stellvertreter Irans hätten das Kräfteverhältnis in der Region verschoben.
USA fliegen Luftangriffe gegen IS in Syrien
Die USA haben derzeit etwa 900 Soldaten in Syrien stationiert, die mit kurdischen Verbündeten im Nordosten ein Wiedererstarken des Islamischen Staates verhindern sollen. Biden will die Truppen dort belassen und erklärte, dass US-Streitkräfte am Sonntag Dutzende "Präzisionsluftangriffen" auf Lager und Operationen des IS durchgeführt haben.
Auch der amtierende Präsident hat kein Interesse an einer größeren Intervention im Land. Für Stabilität sorgen, soweit das irgendwie geht, möchte Biden aber schon. Im Moment ist völlig offen, wer Syrien künftig regieren wird. Muhammad al-Dscholani, Chef der islamistischen HTS-Miliz und Anführer der Rebellen, wird in den USA als Terrorist geführt. Was geschieht, falls sogar noch radikalere Dschihadisten an die Macht kommen sollten? Selbst Trump dürfte daran kein Interesse haben.
Und bis zum 20. Januar regiert eben noch Biden. "Wir werden wachsam bleiben", sagte der Amtsinhaber. "Täuschen Sie sich nicht, einige der Rebellengruppen, die Assad gestürzt haben, haben ihre eigene düstere Bilanz in Bezug auf Terrorismus und Menschenrechtsverletzungen."
Doch der künftige Präsident hofft auf ein anderes Szenario. Trump dürfte zwar kaum daran glauben, dass Syrien einfach so ein Hort der Stabilität wird. Aber solange der Staat nicht völlig zerfällt oder zu einer neuen Machtbasis des IS wird, dürfte ihm nicht so wichtig sein, wie es politisch in dem Bürgerkriegsland weitergeht.
Trump will Putin unter Druck setzen
Vielmehr hofft Trump, dass sich aus dem Assad-Sturz die Möglichkeit ergibt, den Krieg in der Ukraine schnell zu beenden. Russland habe "jegliches Interesse an Syrien verloren, weil in der Ukraine fast 600.000 russische Soldaten verwundet oder getötet wurden, in einem Krieg, der niemals hätte beginnen dürfen und ewig andauern könnte", erklärte Trump. Russland und der Iran seien geschwächt, das eine Land wegen der Ukraine und der schlechten Wirtschaftslage, das andere wegen Israel und seiner Kampferfolge. "Ich kenne Wladimir gut. Jetzt ist es an der Zeit, dass er handelt. China kann helfen. Die Welt wartet!"
Tatsächlich ist der Sturz von Assad für Putin eine Blamage. Doch wird ihn das wirklich dazu bewegen, den Krieg in der Ukraine schneller zu beenden? Oder braucht der russische Präsident dort nun erst recht einen Erfolg, um nicht als schwacher Anführer dazustehen?
In der Planung von Donald Trump kommt dieser Gedanke bislang nicht vor.