Analyse Ein Fonds für Deutschland

  • von Hans-Ulrich Jörges
Wie die SPD die Beteiligung von Arbeitnehmern am Kapital organisieren will.

Die SPD legt das bislang umfassendste und visionärste Konzept zur Kapitalbeteiligung von Arbeitnehmern vor. Die Möglichkeiten zur direkten Beteiligung der Mitarbeiter an ihren Betrieben sollen bestehen bleiben und weiter gefördert werden. Daneben aber soll ein "Deutschlandfonds" geschaffen werden, der indirekte Beteiligungen ermöglicht und die Arbeitnehmer damit bei Konkursen vor dem Verlust ihres Vermögens schützt. Der Fonds soll durch ein professionelles Finanzmanagement verwaltet werden und die Firmen, an denen er sich beteiligt, vorher prüfen und bewerten - bis hin zur Ablehnung.

Der "Deutschlandfonds" soll grundsätzlich allen Firmen offenstehen, die ihren Mitarbeitern zusätzlich zum Lohn oder Gehalt eine freiwillige Kapitalbeteiligung anbieten wollen.

Mitarbeiter, Betrieb und Fonds vereinbaren dabei ein Dreiecksgeschäft:

Zunächst kaufen die Arbeitnehmer Fondsanteile, wobei der Staat dies bis 400 Euro im Jahr mit einer Zulage von 20 Prozent fördert. Aus 400 werden damit 480 Euro. Die Einkommensgrenzen für die staatliche Förderung will die SPD auf 20 000 (bisher 17 900) Euro Jahreseinkommen für Ledige bzw. 40 000 Euro für Verheiratete anheben. Damit hätte

mehr als die Hälfte aller Arbeitnehmer Anspruch auf staatliche Hilfe.

Darüber hinaus können die Betriebe ihren Mitarbeitern Fondsanteile im Wert von maximal 240 (bisher 135) Euro pro Jahr steuerfrei überlassen. Die Einlagen beim "Deutschlandfonds" sollen aber nicht auf diese Höchstfördersummen begrenzt sein.

Der Fonds stellt den Firmen die jeweiligen Einlagen ihrer Mitarbeiter als Beteiligungs- oder Mezzanine- Kapital zur Verfügung. Mezzanine-Kapital ist zwischen Eigen- und Fremdkapital angesiedelt. Damit werden die Betriebe gestärkt. Über den Fonds fließen Gewinne, Zinsen und Tilgungen an die Beschäftigten zurück. Die Anteile sollen nicht speziell der Alterssicherung dienen und nach einer Anlaufphase frei handelbar sein. Da sich viele Arbeitnehmer und Firmen am Fonds beteiligen, sind die Risiken breit gestreut, und der Konkurs eines Betriebes führt nicht zum Totalverlust der Arbeitnehmerbeteiligung. Zudem soll eine Bundesgarantie sicherstellen, dass nicht der gesamte Fonds insolvent wird.

Der "Deutschlandfonds" könnte rasch erhebliches Gewicht erlangen. Die jährliche Bruttolohn- und Gehaltssumme in Deutschland beträgt gut 900 Milliarden Euro. Würde jedes Jahr ein Prozent davon in den Fonds investiert, könnte er bei wachsenden Einkommen und realistischen Renditen nach zehn Jahren gut

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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120 Milliarden Euro

umfassen. Das entspricht dem

Börsenwert von Siemens und BMW.

Das SPD-Konzept, das von einer Arbeitsgruppe unter Leitung von Olaf Scholz erarbeitet wurde, ist politisch ein Durchbruch, da die

bislang skeptischen

Gewerkschaften, darunter die IG Metall, daran beteiligt waren. Die CDU hat dagegen keine gesellschaftliche Lösung, sondern nur eine stärkere Förderung direkter Mitarbeiterbeteiligungen an ihren Firmen vorgeschlagen. Einzig der hessische Ministerpräsident Roland Koch hat bislang einen Fonds befürwortet. Die FDP wiederum lehnt eine Konkurssicherung ab und meint, beteiligte Arbeitnehmer müssten auch das Risiko voll tragen.

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