Am Ende musste der Bund noch einmal kräftig nachlegen, um die größte ausländische Direktinvestition in der Geschichte der Bundesrepublik Wirklichkeit werden zu lassen: Etwa 3 Mrd. Euro zusätzlich zu den bereits zugesagten 6,8 Mrd. will die Bundesregierung dem Chipkonzern Intel für die Ansiedlung in Magdeburg an Subventionen zahlen.
Nach ersten übereinstimmenden Medienberichten stammt das zusätzliche Geld allerdings nicht aus dem Bundeshaushalt, sondern aus dem Klima- und Transformationsfonds, kurz KTF. Dabei handelt es sich um ein sogenanntes Sondervermögen in Höhe von ursprünglich 60 Mrd. Euro – also um einen Topf außerhalb des regulären Bundeshaushalts, ähnlich wie das noch etwas größere Sondervermögen für die Bundeswehr.
Der KTF geht zurück auf einen Beschluss der damaligen schwarz-gelben Bundesregierung 2010, die den Fonds einrichtete, um die Finanzierung der Energiewende zu flankieren. Damals hieß er noch Energie- und Klimafonds (EKF) und war im Vergleich zu heute überschaubar ausgestattet: 2012 waren es 780 Mio. Euro, bis 2019 wuchs das Sondervermögen auf 4,5 Mrd. Euro an. In den Fonds flossen von Anfang an vor allem die Einnahmen aus der Versteigerung von Emissionszertifikaten an Energieversorger und Industrieunternehmen. Aus dem Fonds wurden Projekte aus den Bereichen Erneuerbare Energien, Energieeffizienz, Klimaschutz und Elektromobilität finanziert.
Die Ampel stockte den Fonds auf
Nach ihrer Regierungsübernahme 2021 stockte die Ampel den Fonds dann auf zunächst 60 Mrd. Euro auf. Das Ziel: über die Förderung von Klimaschutz-Investitionen Impulse für die Corona-geplagte Wirtschaft setzen, die in der Pandemie hinten anstehen mussten. In diesem Rahmen erfolgte auch die Umbenennung in Klima- und Transformationsfonds (KTF). Damit überlebte der Fonds auch den Wechsel zur Ampel – obwohl sich etwa die FDP und ihr Chef Christian Lindner zuvor skeptisch zu solchen Schattenetats positioniert hatten. Allerdings erlaubt der Fonds der Ampel auch Investitionen, ohne den regulären Haushalt zu belasten – nicht unerheblich für Lindners Ziel, die Schuldenbremse wieder einzuhalten. Die Union, in deren Regierungszeit der KTF-Vorläufer eingerichtet worden war, klagt inzwischen vor dem Bundesverfassungsgericht gegen den Nebenhaushalt.
Lindners Finanzministerium, dem der KTF unterstellt ist, versichert heute, mit der „Weiterentwicklung“ des Fonds habe die Ampel eine „bessere und flexiblere Ausrichtung auf die Klimaschutzziele des Klimaschutzgesetzes“ erreicht. „Daneben wird der Fokus auf Maßnahmen gesetzt, die dazu dienen, die Transformation Deutschlands voranzutreiben. Über das Sondervermögen werden umfangreiche zusätzliche Mittel für die Förderung einer umweltschonenden, zuverlässigen und bezahlbaren Energieversorgung und für den Klimaschutz bereitgestellt“, schreibt das Ministerium. Wie dazu Milliardensubventionen für eine Chipfabrik passen, erschließt sich wohl nicht jedem auf Anhieb.
Als konkrete Beispiele für Projekte, die aus dem KTF finanziert werden, nennt Lindner den Umbau der Energieversorgung, die Gebäudesanierung, den Aufbau der Wasserstoffwirtschaft und den Aufbau der Ladeinfrastruktur für die Elektromobilität. Seit Juli 2022 wird auch die Förderung Erneuerbare Energien, die zuvor mehr als 20 Jahre lang via EEG-Umlage von den Stromverbrauchern bezahlt wurde, aus dem KTF finanziert. Auch für die geplante staatliche Unterstützung, die Hausbesitzern den Umstieg auf die Wärmepumpe erleichtern soll, soll massiv der KTF angezapft werden – wobei fraglich ist, ob der Fonds die wohl fälligen hohen Milliardensummen überhaupt stemmen kann. Details dazu sind allerdings bislang noch unklar. Schon aktuell sind die Förderungen zur Steigerung der Energieeffizienz im Gebäudesektor der größte Ausgabeposten des Fonds.
Finanzlage des Fonds dürfte sich verschlechtern
Gespeist wird der KTF in erster Linie aus den Einnahmen, die der Bund aus dem Verkauf von CO2-Verschmutzungszertifikaten erzielt. Durch die Ausweitung des Zertifikatehandels, etwa im Gebäudebereich, sind die Erlöse inzwischen deutlich höher als zu Zeiten des Vorläuferfonds. Durch die Zuflüsse wuchs das Fondsvermögen zum Jahresende 2022 auf mehr als 90 Mrd. Euro. Für 2023 erwartet das Finanzministerium weitere Zuflüsse von 19,5 Mrd. Euro. In diesem Jahr sollen dann 35 Mrd. Euro ausgegeben werden – darunter 16,9 Mrd. Euro für die Gebäudesanierung, etwa 5,6 Mrd. Euro für den Aufbau von Ladesäulen für die E-Mobilität und rund 4 Mrd. Euro für den Aufbau der Wasserstoffindustrie. Auch Entlastungen für energieintensive Unternehmen finanziert der Bund aus dem KTF. Hierfür sind laut Finanzressort in diesem Jahr 2,6 Mrd. Euro veranschlagt.
Aktuell scheint die Finanzlage des KTF es noch zuzulassen, Mittel für neue Projekte abzuzwacken – wie auch immer sich Subventionen für eine Chipfabrik mit dem Satzungszweck des Fonds, Finanzmittel für die grüne Transformation des Landes bereitzustellen, in Einklang bringen lassen. So kommt der Fonds etwa auch ohne einen Zuschuss an Bundesmitteln aus, der nach ursprünglicher Planung über seine Laufzeit bis Ende 2026 vorgesehen war. In Summe geht es dabei um knapp 10 Mrd. Euro. Doch schon bald könnte jede Milliarde Zusatzausgaben an anderer Stelle weh tun – etwa dann, wenn die Ampel große Förderprogramme für den Heizungstausch auflegen will.
Dieser Artikel erschien zuerst auf Capital.de.