Brand im Obdachlosenheim 55-jähriger Bewohner festgenommen

Die Polizei hat im Zusammenhang mit dem Brand in einer Obdachlosen-Wohnanlage in Halberstadt einen Mann festgenommen. Der 55-Jährige, ein Bewohner der Anlage, war nach einem Zechgelage mit einer brennenden Zigarette eingeschlafen.

Im Rahmen der Vernehmungen der verletzten Bewohner habe der Mann eingeräumt, nach einem gemeinsamen Zechgelage in der Brandnacht in seinem Zimmer mit einer brennenden Zigarette in einem Sessel eingeschlafen zu sein. Er sei dann aufgewacht, als er Flammen in seinem Zimmer bemerkt habe. Staatsanwaltschaft und Polizei gehen derzeit davon aus, dass der unsachgemäße Umgang mit dieser Zigarette Ursache für den verheerenden Brand gewesen sein könnte. Der Beschuldigte sei am Freitagabend vorläufig festgenommen worden. Die Staatsanwaltschaft prüft am Samstag den Antrag auf Erlass eines Haftbefehles.

Bei dem Brand in Obdachlosen-Wohncontainern in Halberstadt (Sachsen-Anhalt) waren neun Menschen ums Leben gekommen. Die Leichen wurden nach den Löscharbeiten gefunden. Der Brand brach am frühen Freitagmorgen aus. Fünf Bewohner überlebten das Feuer zum Teil schwer verletzt.

Die Unterkunft in der Nähe der Hauptbahnhofs im östlichen Stadtteil Wehrstedt bestand aus 16 Containern für 24 Bewohner, die alle miteinander über Flure verbunden waren. Darum hatte sich das Feuer auch rasch ausgebreitet und sämtliche Container total zerstört. In der Anlage waren zuletzt 16 allein stehende Obdachlose aus Halberstadt untergebracht, wie die Sprecherin der Stadt, Ute Huch, mitteilte. Es handelte sich fast ausschließlich um Männer, aber auch eine Frau wohnte dort. Sie sei offensichtlich nicht unter den Toten, sagte Polizeisprecher Ulrich Wagner.

Die Identifizierung der Toten werde längere Zeit dauern. Die Opfer verbrannten bis zur Unkenntlichkeit. Ein Gerichtsmediziner erklärte, man sei vorübergehend von zehn Toten ausgegangen, aber eine der vermeintlichen Leichen habe sich als Reste von Holz erwiesen. Einige der Männer hatten nach Angaben des Polizeisprechers noch auf ihren Stühlen am Tisch gesessen, andere seien offenbar schlafend im Bett überrascht worden, was auf eine Kohlenmonoxidvergiftung deute. Das Feuer sei offenbar in einem der Räume ausgebrochen, weshalb derzeit ein Anschlag von außen ausgeschlossen werde.

Der Dachverband der Wohnungslosenhilfe erklärte am Freitag in einer Pressemitteilung, die Brandkatastrophe habe gezeigt, wie menschenunwürdig und letztlich auch lebensgefährlich Kommunen Wohnungslose unterbrächten. "Nach Ordnungsrecht sind die Kommunen zur Notunterbringung Wohnungsloser verpflichtet. Dieser Verpflichtung kommen viele Kommunen gar nicht oder auf einem nicht akzeptablen Niveau nach", kritisierte die Bundesarbeitsgemeinschaft.

Von den fünf Verletzten kamen drei mit Rauchgasvergiftung ins Krankenhaus, und zwei wurden ambulant behandelt. Ein Bewohner hatte Glück; er hatte die Nacht an einem anderen Ort verbracht, wie die Polizei weiter berichtete.

Innenminister Klaus Jeziorsky (CDU) sprach von einer erschütternden Tragödie. Oberbürgermeister Harald Hausmann (parteilos) versprach, die Stadt werde die Überlebenden unterstützen: Es habe bereits Gespräche mit dem kommunalen Wohnungsunternehmen gegeben. Eine ferngeheizte Wohnung, Nahrung und Kleidung für die Verletzten stünden bereit. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe in Bielefeld fordert, Notunterkünfte für Obdachlose wie Container und Baracken dringend zu ersetzen.

DPA · Reuters
DPA/Reuters