Miosga unterbricht Söder, der antwortet schnippisch: "Darf ich ein Mal bei Ihnen ausreden?"
Miosga, lakonisch-ironisch: "Ein Mal."
Söder, konternd: "Ein Mal? Sonst nicht mehr? Ist der Joker bei Ihnen verbraucht?"
Die Moderatorin: "Ich möchte auch zum Zug kommen!"
Söder, neckisch: "Sie kommen immer zum Zug. Sie sind die Chefin hier."
Ein Beispiel für die Stimmung in der Runde: Bei Caren Miosga analysieren im Anschluss der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil, der Food-Blogger (und bayerische Ministerpräsident) Markus Söder sowie Melanie Amann vom "Spiegel" das Duell. Das waren – insgesamt – 90 Minuten gute Unterhaltung.
Nur die ersten Minuten, die waren, nun ja, erwartbar. Der CSU-Vorsitzende Söder und der SPD-Chef Klingbeil sollen einordnen, wie sich Olaf Scholz (SPD) und Friedrich Merz (CDU) im Duell geschlagen haben. Überraschung: Söder findet Merz ganz toll, und Klingbeil ist der Meinung, dass Scholz sich ja sehr gut geschlagen habe. Dieser Sendungsteil besticht vor allem durch die beinahe komödiantische Darbietung des Markus Söder. Der sagt zum Beispiel: "Ich fand die Augen von Olaf Scholz komisch." Seiner Meinung nach sah der Kanzler aus, als hätte er fünf Red Bull getrunken. Irgendwie ist das schon witzig, klar. Nur: Welche Erkenntnis für den Zuschauer aus dieser Frage und dieser Gäste-Konstellation folgen sollte, das bleibt wohl das Geheimnis der Miosga-Redaktion.
Inhaltlich interessant – wirklich interessant – wird die Sendung, nachdem Miosga sich vom Duell Merz-Scholz abwendet. Als Söder und Klingbeil sich vor einigen Monaten das letzte Mal bei Miosga sahen, da war noch alles harmonisch. Man scherzte, neckte sich, beinahe liebevoll. Man lobte sich gegenseitig, der Tiktok-Content des einen wäre super, der andere toll, weil er Bayern-Fan ist.
Und heute? Da sind Söder und Klingbeil wieder versucht, sich gegenüber dem jeweils anderen versöhnlich zu zeigen. Der Genosse glaubt dem Bayern, dass der sich gegen die AfD stelle. Und andersherum nimmt Söder den SPD-Chef immer wieder von seiner Kritik aus, greift stattdessen Scholz – oder noch viel öfter – Wirtschaftsminister Robert Habeck an.
Man hat teilweise das Gefühl, zwei Wochen vor der Wahl, live im Fernsehen das erste vorsichtige Abtasten potenzieller Regierungspartner zu erleben. Miosga fragt Klingbeil, ob die SPD einen Kanzler Merz wählen könnte. Der SPD-Chef betont, dass er gerade dafür kämpft, dass Scholz die Wahl gewinnt. Das glaubt man ihm in diesem Augenblick schlicht und ergreifend nicht.
Die Distanz zwischen Söder und Klingbeil zeigt sich manchmal in unbewussten Momenten. Söder wechselt in der Sendung mehrfach, als er Lars Klingbeil duzt oder siezt. Mal haben "Sie" dies, mal habt "ihr" das getan.
Aber nicht nur unbewusst. Auch, als die Diskussion sich um die Abstimmungen im Bundestag geht, bei denen die Union mit den Stimmen der AfD einen Antrag durch das Parlament brachte und beinahe ein Gesetz verabschiedete, wird Klingbeil emotional. "Das war für mich einer der schlimmsten, wenn nicht der schlimmste Moment meiner Zeit im Parlament."
Hier zeigt sich, wieso Miosga die "Spiegel"-Journalistin Melanie Amann eingeladen hat, sie bringt Söder in Erklärungsnot. Was will die CDU machen, wenn ihre Abgeordneten in Landes- und Kommunalparlamenten mit der AfD stimmen? "Bei so einer Abstimmung steht ja am Ende die AfD als die Partei da, die mit ihnen zusammen das Problem löst. Das ist doch der Kollateralschaden für die Demokratie."
Caren Miosga: "Sehen Sie die beiden in einer Koalition?"
Söder strauchelt: "Danach wird eine neue Regierung mit einer neuen Mehrheit gebildet, die dann natürlich die Dinge umsetzt. Wir sind doch genau in dieser komischen Situation, weil eine Regierung komplett gescheitert ist wie noch nie zuvor in Deutschland."
Amann setzt nach: "Was ist, wenn die Union ihre Position in der Migration mit den Koalitionspartnern nicht durchkriegt?" Und Söder weicht aus. Er erinnere sich an ein Fernsehduell zwischen Angela Merkel und Gerhard Schröder. Das sei zwar lange her (Anno Domini 2005), aber der Bayer betont: "Danach hat es eine sehr gute Zeit der Zusammenarbeit mit der SPD gegeben."
Miosga gibt der "Spiegel"-Journalistin auch das letzte Wort, indem sie ihr die genau richtige Frage stellt. Die Moderatorin zeigt auf die beiden Männer in der Runde: "Sehen Sie die beiden nach Ostern vielleicht in einer Koalition?" Amann antwortet, und fasst damit auch den Abend gut zusammen: "Schwarz-Rot halte ich für absolut möglich. Und ich glaube, das hier ist jetzt ein bisschen Theaterdonner." Damit hat sie recht. Söder und Klingbeil, das war ein bisschen Donner und viel Winken mit dem Zaunpfahl: Na, wie wär's?