Familienpolitik Große Koalition für die Kleinen

Die künftigen Großkoalitionäre haben sich offenbar auf die Zahlung eines Elterngeldes von maximal 1800 Euro geeinigt - die Finanzierung ist allerdings noch nicht gesichert. Außerdem ist wohl geplant, die Mehrwertsteuer von 16 auf 18 Prozent zu erhöhen.

Die Unterhändler von Union und SPD haben sich am Mittwoch in Arbeitsgruppen offenbar auf zwei Projekte einer möglichen großen Koalition geeinigt. So schlägt die Arbeitsgruppe Familienpolitik nach Informationen der Nachrichtenagentur AP vor, das heutige Erziehungsgeld ab 2008 durch ein einkommensabhängiges Elterngeld zu ersetzen. Die neue Leistung soll Eltern zustehen, die bislang Anspruch auf Erziehungsgeld hatten. Das Elterngeld soll den Informationen zufolge 67 Prozent des letzten Einkommens, maximal aber 1.800 Euro im Monat betragen. Es soll ein Jahr lang gezahlt werden. Das Mutterschaftsgeld soll dabei angerechnet werden. Gleichzeitig scheint es in der Arbeitsgruppe Finanzen einen Konsens darüber zu geben, dass die Mehrwertsteuer angehoben werden soll - allerdings maximal von 16 auf 18 Prozent.

Finanzierungsvorbehalt bleibt bestehen

Die Pläne der Familienpolitiker, das Elterngeld einzuführen, entsprechen dem Wahlmanifest der SPD. Allerdings hatte sich auch die designierte Familienministerin Ursula von der Leyen im Wahlkampf für das Konzept des Elterngeldes ausgesprochen. Parteiübergreifend ist man sich einig, dass Kinderkriegen für junge Paare auf diesem Weg attraktiver und auch finanzierbarer gemacht werden soll. Problematisch ist jedoch nach wie vor die Frage, wo das Geld herkommen soll. Die Union hatte das Projekt aus ihrem Regierungsprogramm gestrichen, weil sie es für nicht finanzierbar hielt. Ähnliches könnte jetzt der Arbeitsgruppe Familienpolitik widerfahren. Die Umstellung würde, so zitiert die Agentur AP ihre Quelle, den Bundeshaushalt brutto mit 1,5 Milliarden Euro jährlich zusätzlich belasten. Weil dieses Geld möglicherweise aber nicht aufgebracht werden könne, heißt es weiter, stünden alle Beschlüsse der Arbeitsgruppe unter einem Finanzierungsvorbehalt. Mit anderen Worten: Wenn die Finanz-Experten ein Veto einlegen, dann wird auch aus dem Elterngeld nichts.

"Dass eine Erhöhung kommt, ist ziemlich klar"

Um Geld in die klamme Staatskasse zu bekommen, einigten sich Unterhändler am Mittwoch offenbar auch grundsätzlich auf eine Erhöhung der Mehrwertsteuer. "Dass eine Mehrwertsteuererhöhung kommt, ist ziemlich klar", hieß es laut Nachrichtenagentur AP nach einer Sitzung der Arbeitsgruppe Finanzen aus Verhandlungskreisen. Die Nachrichtenagentur Reuters meldete, dass die Mehrwertsteuer jedoch höchstens um zwei Prozentpunkte von 16 auf 18 Prozent angehoben werden würde. Im Moment rede niemand über mehr als 18 Prozent, hieß es demnach in Verhandlungskreisen. In der vergangenen Woche war eine Mehrwert-Steuererhöhung um vier Prozentpunkte ins Spiel gebracht worden. Die Erhöhung von 16 auf 18 Prozent, die bis zu 16 Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich einbringe, werde aber nicht unbedingt reichen, um die Haushaltslücke zu füllen. Laut AP sei zudem übereinstimmend festgestellt worden, dass die Finanzierungslücke im Haushalt 2007 sogar noch angestiegen sei. Statt eines Lochs von 35 Milliarden Euro gehe die Arbeitsgruppe nun von einem Fehlbetrag von insgesamt 43 Milliarden Euro aus. Trotz der Einigkeit in der Arbeitsgruppe Steuern und Haushalt über eine Notwendigkeit der Erhöhung werde eine endgültige Entscheidung über den Schritt erst in der letzten Phase der Koalitionsgespräche fallen, hieß es.

Dämpfer für die Kauflust der Deutschen?

Die Union hatte im Wahlkampf bereits angekündigt, dass sie die Mehrwertsteuer um zwei Prozentpunkte erhöhen werde, um mit den Zusatz-Einnahmen die Senkung der Lohnnebenkosten gegen zu finanzieren. So bestand der Plan der Union darin, die Beitragshöhe der Arbeitslosenversicherung von 6,5 Prozent auf 5,5 Prozent des Bruttolohns zu drücken. Die SPD hatte gegen eine Mehrwertsteuer-Erhöhung Wahlkampf gemacht. Ökonomen warnen davor, dass eine Erhöhung dieser Verbrauchssteuer die Kaufbereitschaft der Deutschen weiter dämpfen könnte. Der schwächelnde Konsum im Inland ist eine der Hauptursachen für das lahme Wirtschaftswachstum im Lande.

DPA · Reuters
GÜSS mit AP/DPA/Reuters