Interview mit Helmut Kohl Altkanzler kritisiert "Lamento und Klein-Klein"

Helmut Kohl zeigte sich in seinem ersten großen Interview seit langer Zeit wenig zufrieden mit dem Gesamtzustand des Landes. Es ärgere ihn, "wenn ich sehe, wie Deutschland seine Chancen verspielt", sagte der Altkanzler.

Die anlässlich des 80. Geburtstags von Helmut Kohl erhobene Forderung nach einem erneuten CDU-Ehrenvorsitz ist für den Altbundeskanzler selbst kein Thema. Die Frage stelle sich für ihn "im Moment nicht", sagte Kohl der "Bild"-Zeitung. In seinem ersten großen Interview seit langer Zeit sagte der Politiker, er habe nach dem Bruch zwischen ihm und der Partei in Folge der Spendenaffäre vor allem mit den Menschen gehadert, die sich plötzlich gegen ihn gestellt hätten, weil er einen Fehler gemacht habe.

Kohl äußerte sich zudem insgesamt wenig zufrieden mit dem Gesamtzustand des Landes. Es ärgere ihn, "wenn ich sehe, wie Deutschland seine Chancen so offenkundig verspielt", sagte Kohl. Er meine damit nicht nur die Politik, sondern die Gesellschaft insgesamt. "Wir Deutschen haben alle Ressourcen und Möglichkeiten, wir haben bewiesen, dass wir leistungsfähig sind - und verlieren uns heute doch vor allem in einem Lamento und Klein-Klein, das ich nicht nachvollziehen kann", sagte der Altkanzler.

Rückblick mit Zufriedenheit

Auf sein eigenes Leben blicke er an seinem 80. Geburtstag "mit Dankbarkeit und Glück" zurück, sagte Kohl weiter. "Mein Leben hat einen Sinn gehabt. Die wichtigsten Entscheidungen würde ich alle wieder so treffen", erklärte der frühere Bundeskanzler.

Seinen runden Geburtstag wollte Kohl am Ostersamstag im kleinen Kreis in seiner Heimatstadt Ludwigshafen feiern. Eine offizielle Feierstunde ist Anfang Mai geplant. In den letzten Jahren hatte sich der langjährige CDU-Vorsitzende aus gesundheitlichen Gründen kaum noch in der Öffentlichkeit gezeigt.

AFP
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