Marathonsitzung im Bundesrat 30 Gesetze auf einen Streich

Der letzte Tag vor der Sommerpause ist gleichzeitig der letzte Tag der schwarz-gelben Mehrheit im Bundesrat. Die Regierungskoalition wollte diesen Vorteil ein letztes Mal nutzen - mit einem Gesetzesmarathon, der seinesgleichen sucht.

Der Bundesrat hat in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause grünes Licht für 30 Gesetze gegeben. Einstimmig beschlossen die Länder am Freitag eine Grundgesetzänderung zur Absicherung der Jobcenter. Die Bafög-Erhöhung wurde ausgebremst, das nationale Stipendienprogramm dagegen gebilligt. Da die rot-grüne Minderheitsregierung in Nordrhein-Westfalen noch nicht im Amt ist, konnte die Länderkammer noch mit schwarz-gelber Mehrheit beschließen. Hier die wichtigsten Beschlüsse im Überblick

Jobcenter

Langzeitarbeitslose können dort auch künftig gemeinsam von Arbeitsagenturen und Kommunen betreut werden. Nach dem Bundestag stimmte auch die Länderkammer mit Zwei-Drittel-Mehrheit einer Grundgesetzänderung zu. Damit können die 6,8 Millionen Hartz-IV-Empfänger über 2010 hinaus Hilfe aus einer Hand erhalten. Die Gesetzesänderung war notwendig geworden, nachdem das Verfassungsgericht 2007 die Mischverwaltung als nicht grundgesetzkonform eingestuft hatte.

Bafög

Die zum Wintersemester geplante Bafög-Erhöhung liegt vorerst auf Eis. Denn der Bundesrat stoppte die Anhebung vorerst, indem er den Vermittlungsausschuss anrief. Zwar sind sich Bund und Länder im Grundsatz darüber einig, die Fördersätze um zwei Prozent und die Freibeträge um drei Prozent anzuheben. Aber die Länder weigern sich angesichts knapper Kassen hartnäckig, die Erhöhung mitzufinanzieren.

Stipendien

Nachdem Bildungsministerin Annette Schavan zugesagt hat, dass der Bund allein den Anteil der öffentlichen Hand übernimmt, stimmten die Länder dem nationalen Programm zu. Geplant ist, bis zu acht Prozent der Studenten an staatlichen Hochschulen mit Stipendien von monatlich 300 Euro zu fördern. Mindestens 150 Euro davon müssen von Privaten eingeworben werden.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick

Abonnieren Sie unseren kostenlosen Hauptstadt-Newsletter – und lesen Sie die wichtigsten Infos der Woche, von unseren Berliner Politik-Expertinnen und -Experten für Sie ausgewählt!

Wehrpflicht

Die Verkürzung der Wehrzeit von neun auf sechs Monate kann in Kraft treten. Der Bundesrat erhob keinen Einspruch gegen die Streichung von drei Monaten Dienstzeit für Wehrpflichtige und Zivildienstleistende. Die Regelung gilt erstmals für junge Männer, die ihren Wehr- oder Ersatzdienst am 1. Juli angetreten haben. Der Zivildienst kann freiwillig um maximal sechs Monate verlängert werden.

Solarstrom

Für Besitzer von Solarstromanlagen wird die Einspeisevergütung in zwei Stufen gekürzt. Rückwirkend zum 1. Juli wird für Strom von Dachanlagen 13 Prozent weniger gezahlt, von Freiflächen (Solarparks) 12 und von Brachflächen wie ehemaligen Müllkippen 8 Prozent. Erst zum 1. Oktober greift die Subventionskürzung dann so, wie sie Bundesumweltminister Norbert Röttgen vorgeschlagen hatte: 16 Prozent weniger für Sonnenstrom aus Dachanlagen, 15 Prozent bei Solaranlagen auf Freiflächen, 11 Prozent weniger auf Brachflächen.

Leerverkäufe

Bestimmte Finanzwetten können verboten werden. Der Bundesrat erhob keinen Einspruch gegen das Gesetz zum Verbot ungedeckter Leerverkäufe von Aktien, Schuldtiteln in Euro und von Kreditausfall-Versicherungen. Das Gesetz gilt nur auf regulierten Finanzmärkten.

Google

Die Länder fordern schärfere gesetzliche Auflagen für den umstrittenen Straßenfotodienst Street View von Google. Der Bundesrat beschloss, einen Gesetzentwurf beim Bundestag einzubringen, mit dem konkrete Regeln für die flächendeckende Erfassung von Straßenpanoramen gefordert werden. Für einen wirksamen Schutz des Persönlichkeitsrechts von Betroffenen und deren Recht auf informationelle Selbstbestimmung reiche das Bundesdatenschutzgesetz nicht aus, hieß es zur Begründung.

Rettungskräfte

Der Bundesrat verlangt eine Ausweitung des sogenannten Feuerwehr-Führerscheins auf 7,5 Tonnen. Rettungskräfte sollen ausnahmsweise auch schwere Einsatzfahrzeuge fahren dürfen, selbst wenn sie nur einen Führerschein der Klasse B besitzen. Dieser berechtigt nach neuerem Recht eigentlich nur zum Führen von Fahrzeugen bis zu 3,5 Tonnen - anders als der alte Führerschein der Klasse 3 (bis 7,5 Tonnen).

APN
Vera Fröhlich, APN