Sozialreform Schröder stellt sich den Gewerkschaften

Es sind harte Reformen, die Kanzler Schröder für das deutsche Sozialsystem angekündigt hat. Die Gewerkschaften grummeln, die grüne Basis fordert einen Sonderparteitag. Aber die Zeichen aus dem Kanzleramt sind klar: keine Kompromisse.

In den Koalitionsfraktionen von SPD und Grünen werden an diesem Dienstag wichtige Vorentscheidungen über Teile des Reformpakets von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) erwartet. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) will der SPD-Fraktion ihre Eckpunkte für die Gesundheitsreform bekannt geben. Am frühen Abend kommt Schröder im SPD-Gewerkschaftsrat unter anderem mit DGB-Chef Michael Sommer zusammen. Die Gewerkschaften haben mit massiven Protesten gegen Einschnitte in die Sozialsysteme gedroht.

Grüne Spitze muss sich der kritischen Basis stellen

In der Grünen-Fraktion geht es auch um den Sonderparteitag, der nach Kritik aus den eigenen Reihen an den angekündigten sozialen Einschnitten aller Voraussicht nach einberufen wird. Grünen-Chef Reinhard Bütikofer hatte am Montagabend im InfoRadio Berlin-Brandenburg nochmals unterstrichen, dass die Parteispitze den Kurs von Schröder mitträgt.

Schröder: Keine Kompromisse

Schröder hat deutlich gemacht, dass er trotz des Widerstands gegen sein Reformpaket mit der vollen Unterstützung der SPD-Fraktion rechnet. Am Montag unterstrich der Kanzler, dass er zu weit reichenden Kompromissen nicht bereit sei: "Über Details wird man reden, über die Linie nicht." Die Gewerkschaften wollen im SPD-Gewerkschaftsrat ihre Gegenposition deutlich machen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und die IG Metall wollen "Sozialabbau" und "Kahlschlag" nicht akzeptieren.

Schröder ist für die Gewerkschaften das kleinere Übel

Der Chef der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), Hubertus Schmoldt, sagte der "Süddeutschen Zeitung" (Dienstag): "Jeder muss zur Veränderung bereit sein, auch unsere Leute. Nur sind die Konzepte des Kanzlers nicht in allen Punkten ausgewogen." Jeder müsse sich aber über die Alternativen klar sein. Diese lägen mit dem Programm von CSU-Chef Edmund Stoiber auf dem Tisch. "Da fällt die Entscheidung nicht schwer, denn Stoiber will radikalen Sozialabbau." Schmoldt bot an, beim Kündigungsschutz Modelle zur Flexibilisierung in einzelnen Arbeitsamts-Bezirken zu testen. Bei Medikamenten müsse der therapeutische Nutzen gegen die Kosten abgewogen werden.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Arbeitgeber drängen auf die Reformen

Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt sagte der Tageszeitung "Die Welt" (Dienstag), er sei besorgt, dass der Widerstand der Gewerkschaften unsachlich und polemisch geführt werde. "Sollte dies die Reformpläne abschwächen oder verzögern, wäre das eine für Wirtschaft und Beschäftigung schlimme Entwicklung."

Gefahr eines "25-Prozent-Kellers" für die SPD

Nach Ansicht des Bremer Wirtschaftsforschers Rolf Hickel führt Schröders Reformpolitik in die Sackgasse. Sie bringe deutlichen Sozialabbau, aber keine Jobs, sagte er den "Lübecker Nachrichten" (Dienstag). Wenn der Kanzler sein Konzept wie angekündigt in vollem Umfang durchziehe, werde es für die Sozialdemokraten schwere Zeiten geben: "Schröder führt die SPD in den 25-Prozent-Keller - diese Gefahr ist gegeben."