Jens Scheberg ist überglücklich, das erste Opfer der bösen Schlange zu sein. Aus ihrer dunklen Höhle schleppt ihn die BlackMamba langsam hinauf zum Dach der Moschee von Djenné, die einen herrlichen Blick freigibt auf das Phantasialand in Brühl. In 30 Metern Höhe senkt sie das Haupt. Schussfahrt in die Tiefe, mitten hinein in das afrikanische Dorf, das der Freizeitpark vor den Toren Kölns detailverliebt nachbauen ließ. Der "First Drop" lässt Schebergs Atmung stocken. Adrenalin berauscht seinen Körper. Es ist, als würde man mit 80 Stundenkilometern eine Wendeltreppe entlang geschossen, mit der Last des viereinhalbfachen Körpergewichts. Der Tester aus Dinslaken jauchzt vor Glück. "Absoluter Wahnsinn", sagt er.
Jens Scheberg, 37, weiß, wovon er spricht. Der Experte für Videosignale in der Endoskopie und Achterbahn-Freak hat sie alle gehabt. Die Dragster aus dem Coaster Park "Magic Mountain" in Kalifornien, die den Passagier senkrecht auf 130 Meter hochzieht und nach einer kurzen Biegung genauso wieder fallen lässt, die Oblivion aus England, wo der geneigte Fahrgast in ein 54 Meter tiefer liegendes nebelumhülltes Loch geschossen wird. Auch die Nemesis in England, das Vorbild für die BlackMamba aus dem Hause der Schweizer Achterbahn-Kultingenieure Bolliger & Mabillard, sei absolut "keinen Vergleich wert". Das hier "ist keine dieser amerikanischen Kotzschleudern", sagt Scheberg. Vielmehr ein "geschmeidiger Adrenalinkick, unglaublich eng und schnell".
Völlige Schwerelosigkeit und eine wahnwitzige Flugkurve
Rund 22 Millionen Euro hat sich der größte Freizeitpark Europas seinen neuesten Thrill kosten lassen. Die Stimmung im Brühler Dschungel ist perfekt: Brüllende Löwen und flüchtende Gazellen im Dolby-Surround-Sound aus knapp 100 Boxen, zwei Wasserfälle und grimmig dreinblickende Bakongos, aus Holz geschnitzte Fetische, eingeflogen aus einem eigens für die Themengestaltung angelegten Künstlerdorfs in Kamerun. Mitten durch die Szenerie Afrikas rast die Schlange, die jedem Rückengeschädigten allein durch den Blick von der großen Holzbrücke, um die sich einer der beiden Loopings windet, die Bandscheiben vorwölben lässt.
Aus dieser ersten Schlaufe geht es kreischend in den "Zero G", eine Horizontalpassage, bei der der Reisende im Zustand völliger Schwerelosigkeit zusätzlich einmal um die Längsachse geschraubt wird. Hinunter in die erste Schlucht, lockere 15 Meter Höhenunterschied, die aber rasch wieder Geschichte sind. Denn da tauchen bereits die Kaskadenwasserfälle auf, an denen die Schlange senkrecht empor schießt, bevor sie kurz vor dem Gipfel abdreht, um sich dann wahnwitzig um eine Felsenformation zu zirkeln. "Immelmann" nennen die Coaster-Experten diese Flugkurve, angelehnt an das waghalsige Manöver des gleichnamigen deutschen Piloten aus dem ersten Weltkrieg. Mehrere Monate hat B & M allein an diesem Teil für ihren "Inverted Coaster" gerechnet und damit die Grenzen des physikalisch Machbaren tangiert.
"Solche Nähe zur Umgebung gibt es weltweit kein zweites Mal"
Danach es geht schon wieder hinab in einen unterirdischen Canyon, der die Haut kurz abkühlt. Der Körper, sagt Scheberg, ist nur noch ein funktionierender Automatismus, die Atmung flach, das Herz rasend. Die Schlange windet sich weiter unerbittlich in scheinbar alle Richtungen zugleich, und hält auf eine Häuserfassade zu. Gerade mal 50 Zentimeter trennen die Füße von der Wand. Schock. "Eine solche Nähe zur Umgebung gibt es weltweit kein zweites Mal", sagt selbst Coaster-Kenner Scheberg respektvoll. Es folgen zwei 360 Grad-Drehungen und das Gefühl, in einer Zentrifuge gefangen zu sein. Das Blut schießt in die Füße, siebenfache Gewichtskraft drücken auf die Extremitäten, die Zehen kribbeln. Aus dieser Helix holt sich die Schlange die Geschwindigkeit für den Schlussakkord. Kurven, Schrauben, Drehungen. Plötzliche Finsternis. Der Bahnhof ist erreicht. Vollbremsung und Aussteigen - bitte!