Mexiko Cenoten – die mystischen Unterwasser-Höhlen der Maya

Blick in die Cenote Dos Ojos
Gewaltige Fels-Formationen und türkisblaues Wasser: die Cenoten in Yucatan ziehen zahlreiche Besucher an. Wer dem Touristen-Strom entkommen will, sollte die Badestellen möglichst früh besuchen.
© Jan Wlodarczyk / Imago Images
Cenoten, das sind unterirdische, mit Wasser gefüllte Höhlen. Sie zählen zu den Haupt-Attraktionen auf der mexikanischen Halbinsel Yucatán. In der Region gibt es mehr als 3000 Cenoten. Es sind Orte, in denen heute massenweise Touristen baden. Für Maya hatten die Höhlen eine lebenswichtige Funktion – und eine spirituelle Bedeutung.

Die Orte, an denen die Maya einst den Eingang zur Unterwelt vermuteten, gelten heute bei Reisenden als Instagram-Hotspot. Die sogenannten Cenoten sind zu einer der Haupt-Touristenattraktionen im Südosten von Mexiko geworden.

Das Naturphänomen der Cenote

Bei dem Naturphänomen handelt es sich um offene Karsthöhlen mit Zugang zum Grundwasser. Je nach Beschaffenheit und Entstehung hat jede Cenote eine andere Optik – jede Höhle sieht anders aus. Manche sind dunkle Grotten mit riesigen Tropfstein-Formationen an der Decke. Andere Cenoten sind offene Seen, umgeben von tropischen Gewächsen. Das Wort kommt aus der Sprache der Maya und lautete ursprünglich "ts’onot". Das bedeutet so viel wie "heilige Quelle". Kein Wunder, denn über die Cenoten stellten die Maya ihre Wasserversorgung sicher.  

Cenoten entstehen in Karstgebieten. Durch die Auflösung des Kalkgesteins entstehen unterirdische Krater. Stürzt die Decke ein, wird die Höhle für die Außenwelt sichtbar. Der steigende Grundwasserspiegel und der Regen haben die Vertiefungen schließlich mit Wasser gefüllt ­– und "verwandelten sie in eine geheimnisvolle Unterwasserwelt", wie es der "Tagesspiegel" in einem Bericht über die Höhlen beschreibt. Die Kalksteinlöcher sind durchschnittlich 15 Meter tief, manche gehen jedoch bis zu 100 Meter in die Tiefe. Das Wasser in den Cenoten ist klar und oft kann man bis auf den Grund hinabschauen.

Die Cenote Canunchen in Homun, Mexiko
Blick in eine geschlossene Cenote. In dem klaren Wasser spiegeln sich die Tropfstein-Formationen.
© Artur Widak / Picture Alliance

Man kann die besonderen Höhlen in vier Kategorien einteilen. Höhlen-Cenoten sind nahezu vollständig geschlossen. Meist lässt nur ein kleines Loch in der Decke Sonnenlicht auf die Wasseroberfläche scheinen. Oft hängen Stalaktiten von der Decke. Bei halboffenen Cenoten fehlt ein Teil der Höhlen-Decke. Diese Kalksteinlöcher sind oft mit weiteren Cenoten verbunden. Bei offenen Cenoten ist die Höhlendecke im Laufe der Jahre komplett verschwunden. Das liegt frei, ist aber von Felswänden umgeben, die oft mit Blumen und Pflanzen bewachsen sind. Bei sehr alten Cenoten erodieren mit der Zeit auch die Felswände. Die Wasserfläche liegt dann wie ein See in der Landschaft. Von der ursprünglichen Höhle und den Felswänden ist nichts mehr zu sehen.

Cenoten in Mexiko

Nirgendwo sonst auf der Welt finden sich so viele Cenoten wie in Yucatán. Auf der 300 Kilometer langen Halbinsel im Südosten Mexikos liegen die Bundesstaaten Quintana Roo und Yucatán. Mehr als 3000 Cenoten hat man in der Region bereits entdeckt. Experten rechnen jedoch mit einer Vielzahl von noch unbekannten Höhlen. Manche Schätzungen gehen von bis zu 10.000 aus. Viele der Cenoten sind mit einem riesigen Unterwasserhöhlensystem – vermutlich dem größten der Erde – verbunden. Sie bilden ein unterirdisches Labyrinth, das sich über die ganze Halbinsel zieht. Im Nordwesten Yucatáns liegt zudem ein halbkreisförmiger Ring an Cenoten. Diese besondere Formation hat sich nach dem Einschlag des Chicxulub-Meteoriten gebildet. Die wasserführenden Schichten folgen den Brüchen und Verwerfungen, die der Meteorit damals verursacht hatte . Somit bildet der Cenoten-Ring den längst verschütteten Kraterrand nach.

Menschen baden in der Cenote Azul in. Mexiko
Manche Cenoten (hier die Cenote Azul) sind zu einer Art Erlebnisbad geworden. Oft gibt es auch sanitäre Anlagen, Liegestühle und kleinere Lokale an den Cenoten.
© NurPhoto / Imago Images

Die Bedeutung der Cenote für die Maya

Für die Maya haben die gefluteten Höhlen sowohl in praktischer als auch in spiritueller Hinsicht eine wichtige Rolle gespielt. Die Cenoten dienten der Hochkultur in Yucatán – wo es sonst keine größeren Seen oder Flüsse gibt – als Brunnen und Wasserreservoirs. Das Grundwasser aus den Höhlen stellte die Wasserversorgung sicher. In der Glaubensvorstellung der Maya waren die Cenoten der Eingang zur Unterwelt Xibalbá, dem "Ort der Angst".

Gleichzeitig vermuteten sie in den Höhlen den Wohnsitz des Regengottes Chac. Von seinem Wohlwollen hing in der Weltsicht der Maya der Erfolg der Ernte ab. Dafür brachten sie ihm Opfergaben, zum Beispiel während lang anhaltenden Dürre-Perioden. Forscher finden in den Cenoten immer wieder Altare, Keramiken und Knochen von Tieren und Menschen. Solche Relikte, die aus der Zeit zwischen 3000 vor Christus bis ins neunte Jahrhundert stammen, belegen, dass die Maya in den Höhlen auch Menschen opferten. Manche der Kalksteinlöcher dienten dem Volk vermutlich auch als Begräbnisstätte. Beispielsweise die Calaveras-Cenote, in der Wissenschaftler Hunderte menschliche Skelette entdeckten.

Statue des Regengottes Chac
Eine Statue des Regengottes Chac. Mit Opfergaben baten die Maya ihn um Niederschlag.
© robertharding / Imago Images

Darüber hinaus könnten die Cenoten den Maya auch als architektonisches Werkzeug gedient haben. Die Standorte ihrer berühmten Pyramiden basierten auf astronomische Berechnungen. Die mystischen Gebäude waren laut "National Geographic" "nicht nur Bauwerke. Sie waren kosmische Zeitmesser, die in konstanter Interaktion mit dem Himmel standen." Die Position und die Bauweise der Pyramiden sind an der Auf- und Untergangsposition der Sonne zur Tagundnachtgleiche oder den Tagen, an denen die Sonne exakt im Zenit steht, orientiert. Um den Zenitstand zu bestimmen, haben sich die Maya möglicherweise in die Cenoten begeben, wie die Unterwasserarchäologen Guillermo de Anda und Arturo Montero von den Universitäten von Yucatán und Tepeyac herausfanden. Denn nur an diesen beiden Tagen im Jahr fällt das Sonnenlicht senkrecht aufs Wasser und wird nicht an Höhlendecke reflektiert.

Archäologische Forschung in den Cenoten

An der Erforschung der Höhlensysteme beteiligen sich Wissenschaftler aus der ganzen Welt. "Es ist wie ein Tauchgang in eine andere Welt. Als Taucher und Archäologe kenne ich keinen vergleichbaren Ort", zitiert der "Tagesspiegel" den Unterwasserarchäologen Florian Huber. Manche Relikte in den Cenoten stammen aus einer noch früheren Zeit. Knochen von Urzeittieren und Objekte aus der Steinzeit, die Taucher in dem Grundwasser gefunden haben, sind bis zu 10.000 Jahre alt.

Damals lagen die Höhlen noch trocken, da der Wasserspiegel noch etwa 130 Meter tiefer lag. Erst durch die Schnee- und Eisschmelze nach der Eiszeit füllten sich die Löcher mit Wasser. Das Element hat die Relikte über die lange Zeit konserviert. Abgeschlossen vom Luftsauerstoff sind die Objekte im Wasser weitgehend vom Zerfall verschont geblieben. Die Restaurierung ist aufwendig, denn bei Kontakt mit Luft beginnt der Zerfall sofort. Die Tauchgänge in den tiefen, verwinkelten Höhlen sind heikle Missionen, die viel Vorbereitung erfordern. Die Dunkelheit und die teilweise sehr engen Gänge stellen Unterwasserarchäologen vor Herausforderungen. Hobby-Taucher sollten sich niemals allein in die Cenoten begeben und nicht zu weit in die Tiefe und die schmalen Gänge abtauchen.

Cenoten als Touristen-Magnete

Ansonsten ist das Tauchen in den Höhlen aber ungefährlich. Auch zum Schnorcheln und Baden sind die Höhlen überaus beliebt. Das Wasser in den Cenoten hat stets eine angenehme Temperatur von rund 24 bis 25 Grad. Und nicht zuletzt sind die Kalksteinlöcher schlichtweg spektakuläre Sehenswürdigkeiten. Viele Cenoten sind Touristen-Magnete und dementsprechend gut besucht. Es empfiehlt sich, die Höhlen möglichst früh am Tag zu besuchen. Die beliebtesten Cenoten auf Yucatán liegen sehr zentral und sind daher gut zu erreichen. Daneben gibt es zahlreiche Kalksteinlöcher, die als Geheimtipps gelten und vom Besucher-Ansturm (noch) verschont sind. Diese befinden sich an abgelegeneren Orten und sind ohne Auto nicht zu erreichen.

Die beliebtesten Cenoten

• Cenote Ik Kil

Eine der bekanntesten Cenoten Yucatáns. Die Höhle liegt drei Kilometer südlich der Ruinen-Stadt Chichén Itzá. Viele Urlauber verbinden die Besichtigung der Maya-Pyramiden mit einem anschließenden Bad in der Cenote. Eine Holztreppe führt die Besucher 27 Meter in die Tiefe. Das tiefblaue Wasser im Kalkstein-Loch ist dann noch einmal 40 Meter tief. Mit den Lianen, die von den Felswänden baumeln, kommt Dschungel-Atmosphäre auf.

Blick in die Cenote Ik Kil
Die Cenote Ik Kil wirkt wie aus einer anderen Welt. Da sie nahe der berühmten Maya-Pyramiden liegt, ist hier täglich viel Betrieb. 
© YAY Images / Imago Images

Cenote Azul

Die Cenote macht ihrem Namen alle Ehre. "Azul" heißt "Blau" und deutet wohl auf die zahlreichen Blautöne hin, in denen das Wasser schimmert. Die Höhle ist etwa 60 Kilometer von Tulum entfernt und liegt direkt an der Straße. Die offene Cenote ist von Bäumen umgeben und besonders bei Familien beliebt. Zahlreiche Fische schwimmen durch das klar Wasser, daher ist die Cenote auch zum Schnorcheln perfekt geeignet.

Cenote X’kekén

Nur rund acht Kilometer von Valladolid entfernt lässt sich die Cenote selbst mit dem Fahrrad gut erreichen. X'kekén ist eine nahezu geschlossene Höhle. Lediglich durch ein kleines Loch dringt Sonnenlicht ein. Die Felsendecke ist von wuchtigen Stalaktiten geprägt, was der Cenote das Aussehen einer unterirdischen Kathedrale verleiht. Angeblich war es ein Schwein, das die Menschen zu dem Naturphänomen geführt hat. Eine Legende besagt, dass einst eine Bauernfamilie nahe der Höhle lebte. Diese soll ein Schwein besessen haben, das immer wieder auf Entdeckungstouren ging. Jedes Mal, wenn das Tier zurückkehrte, sei es mit Schlamm bedeckt gewesen, auch in Zeiten von Trockenheit. Die Besitzer hätten beschlossen,  dem Schwein zu folgen und seien von dem Tier zur Cenote geführt worden. Daher auch ihr Name: "X’kekén" kommt aus der Sprache der Maya und bedeutet "Schwein".

Blick in die Cenote Xkeken
X'kekén ist noch nahezu vollständig geschlossene Höhle. Das deutet darauf hin, dass es sich um eine vergleichsweise jungen Cenote handelt. Im Laufe der Zeit werden das Wetter und die Natur die Felsendecke nach und nach abbauen.
© VWPics / Imago Images

• Cenote Yokdzonot

Die Cenote gilt aufgrund der eher abgeschiedenen Lage noch als Geheimtipp. Das Kalksteinloch befindet sich 20 Kilometer westlich von Chichén Itzá und 100 Kilometer östlich der Großstadt Mérida. Besucher erwartet eine offene Cenote mit steilen Felswänden und grünen Bäumen, die direkt über der einstigen Höhlendecke wachsen. Mit etwas Glück hat man die Badestelle für sich alleine und kann im Gegensatz zu vielen anderen Cenoten die Natur in Stille genießen.

• Cenote Dos Ojos

Die "zwei Augen" sind zwei benachbarte Cenoten, die 20 Kilometer nördlich von Tulum zu finden sind. Beide Höhlen sind Teil des drittlängsten Unterwasser-Höhlensystems der Erde (insgesamt 82,4 Kilometer lang). Die Cenoten sind vor allem für ihre beeindruckenden Kalk-Formationen unter Wasser bekannt. Deshalb eignen sich die gefluteten Höhlen optimal zum Schnorcheln oder Grottentauchen.

Quellen: "Die Maya. Geschichte, Kultur, Religion", "Deutsche Welle", "National Geographics", "Mineralienatlas", "Tagesspiegel", "Travelbook" (I), "Travelbook" (II), "Urlaubsguru"

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