Großbritannien hat einen neuen Youtube-Star. Am Freitag erlebte Jerry Dyer seinen medialen Durchbruch. Schon seit gut sechs Jahren berichtet er auf seinem Youtube-Kanal "Big Jet TV" von dem Geschehen auf dem Flugfeld des größten Flughafens Europas, dem Heathrow Airport im Westen Londons.
Bisher war er nur einer kleine Fan-Gemeinde von Flugzeug-Enthusiasten bekannt. Doch das Sturmtief "Eunice" – in Deutschland unter dem Namen "Zeynep" bekannt – verschaffte ihm im wahrsten Sinne des Wortes Rückenwind. Mehr als 6,6 Millionen Mal wurde sein Video abgerufen; seinen Live-Stream verfolgten teilweise bis zu 200.000 Menschen gleichzeitig.
Während die meisten Briten der Aufforderung folgten, wegen des Orkans mit Windgeschwindigkeiten bis zu 130 Kilometer pro Stunde ihre Häuser im Großraum London nicht zu verlassen, trieb es Dyer dagegen nach draußen zu seinem Standplatz: auf das Dach seines Lieferwagens am Ende der Piste 27L, auf dem er das Stativ für seine Videokamera positioniert hat. Über einen Zeitraum von fast acht Stunden berichtete er live unter dem Titel "Storm Eunice at London Heathrow Airport". Die Zahl der Abonnenten seines Youtube-Kanals stieg sprunghaft auf 250.000.
Jerry Dyer kommentiert: "Go around" oder "nicely done"
Am liebsten sind Dyer die Durchstartmanöver, ein Routinevorgang, den Piloten im Simulator regelmäßig üben. Wenn die Crews ihre Maschinen nicht rechtzeitig mit beiden Hauptfahrwerken aufsetzen und durch plötzliche Böen die Flügelspitzen den Boden berühren können, geben sie Schub und drehen eine Platzrunde, um es erneut zu versuchen. "Das ist das Beste, was Du bekommen kannst", sagte er einem Reporter der BBC. Am Freitag unternahmen Linienflugzeuge bis zu drei Anflugversuche, ehe sie aufsetzen oder zu einem anderen Airport flogen.
Stets versieht Dyer die Manöver der Piloten mit enthusiastischen Kommentaren. "Nicely done" rief er am Freitag erleichtert aus, als alle Fahrwerke eines Airbus A380 von Emirates den Boden berühren und neben den Windgeräuschen auch der Umkehrschub aus den Triebwerken zu hören war. Es sei unter diesen widrigen Wetterumständen einfach großartig, "dass man die Fähigkeiten der Piloten sieht und wie sie es schaffen, damit umzugehen", sagte gegenüber der BBC.
Bis zu zweimal in der Woche berichtet Dyer aus Heathrow, der längst einen Club gegründet hat, für dessen Mitglieder er exklusiv von anderen Standorten auf Reisen berichtet. Sein Herz schlägt in den Kommentaren eindeutig für Großraummaschinen wie zum Beispiel für die Boeing 777, die er "big old bully boy tripe-7" nennt oder für den immer seltener eingesetzten Jumbojet.
Zu seiner Berufung kam der Mann mit dem zu großen Hütchen schon früh. Er wuchs in der Nähe von Heathrow mit Flugzeuggeräuschen auf. Als ihm sein Neffe 2015 erzählte, dass der Sänger Bruce Dickinson der Band Iron Maiden als Pilot im Cockpit einer Boeing 747 sitzt, die bald in Heathrow im Rahmen einer Welttournee lande würde, war es um ihn geschehen.

Er machte sich zum Airport auf, positionierte sich neben dem Zaun und übertrug die Landung live auf Twitter. Die Reaktionen und der Erfolg beflügelten ihn schon damals zu weiteren Folgen. Doch erst mit dem Orkantief am Freitag schaffte es der Flugzeug-Nerd nicht nur in die Foren der Planespotter, sondern auch auf die Webseiten großer Medien wie der "New York Times".
Quelle: "Big Jet TV"
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