Schon am Flughafen Los Angeles hatte der Passagier mit weißen T-Shirt und knallroten Chucks alle Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Da Athena, so ihr Name, nicht laufen konnte, musste ein Rollstuhl bemüht werden. Denn es handelte sich bei einem auch für eine Airline höchst ungewöhnlichen Fluggast: Um einen Roboter mit Kopf, Händen und Füßen, der an Bord eines Jumbojets der Lufthansa am Montagabend von Los Angeles nach Frankfurt fliegen sollte.
Normalerweise werden "humanoid robots" als Luftfracht auf die Reise geschickt. In einer Kiste verpackt reisen die Hightech-Wesen als Cargo im Bauch eines Flugzeuges. Davon bekommt ein Passagier kaum etwas mit.
Roter Teppich für Athena
Anders bei Athena, ein Roboter, der von der Firma Sarcos in Salt Lake City gefertigt und von der Max-Planck-Gesellschaft in Deutschland erworben wurde. Denn seine Begleitung hatte ein Economy-Class-Ticket für einen fest gebuchten Sitzplatz in der Tasche. Schon beim Check-in erhielt Athena am Tom Bradley International Terminal eine Sonderbehandlung und musste sich nicht in die Schlange für die Holzklasse einreihen, sondern ließ sich am First-Class-Schalter die Bordkarte aushändigen - und es gab sogar ein Upgrade.
"Wir brauchten eine Mutter-Kind-Reihe für Athena", sagt Michael Lamberty, Pressesprecher der Lufthansa. Diese speziellen Sitzplätze für barrierefreies Reisen sind meistens in den jeweils ersten Sitzreihen einer Flugzeugkabine zu finden. So hatte Athena das Glück, an Bord von LH457 in der neuen Premium Economy Class Platz zu nehmen. Allerdings bekam die künstliche Dame einen Mittelplatz zugewiesen, weil links und rechts ihre wissenschaftliche Begleiter Alexander Herzog und Jeannette Bohg von der Max-Planck-Gesellschaft sitzen mussten.
Meistfotografierter Fluggast
An Bord waren alle Funktionen bei Athena abgeschaltet. In Zukunft soll der Roboter in Bereiche vordringen, die für Menschen zu gefährlich sind. So soll er zum Beispiel bei Aufräumarbeiten in Fukushima eingesetzt werden. Während des Fluges saß Athena leblos in ihrem Sitz, dennoch sorgte sie für Unruhe: Für die Mitreisenden war der ungewöhnliche Passagier auf diesem Nachtflug eine Sensation. "Viele wollten sich mit Athena fotografieren lassen", so der Pressesprecher. Besonders auf Kinder habe das Wesen eine besondere Anziehungskraft ausgeübt.
Am Dienstagmorgen landete die Boeing 747-8 mit dem ungewöhnlichen Fluggast planmäßig in Frankfurt. Der Roboter durfte als letzter aussteigen. Für Athena, ihre Begleiter und die Crew war es eine Weltpremiere: Noch nie war ein Roboter in einer Flugzeugkabine eines Linienfluges gereist.
Die Reaktionen der Passagiere waren durchweg positiv. Für Athena dürfte es daher nicht die letzte Flugreise gewesen sein. Und noch einen Vorteil hatte der Flug im Vergleich zur Versendung per Luftfracht: Der Sitzplatz war sogar viel günstiger als die Kosten für einen Transport per Luftfracht.