
Kaunas: Aufregend unaufgeregt
Ein Bett, ein Schrank, dazu Fischgrätparkett und Vorhänge aus Leinen, die von den hohen Decken herabhängen – viel mehr ist da nicht. Wer in der Villa Kaunensis übernachtet, den erwartet die karge wie erstaunlich warme Atmosphäre eines Priesterseminars. Was daran liegt, dass sich die Unterkunft im gleichen Gebäudekomplex befindet, zusammen mit der Dreifaltigkeitskirche und einem ehemaligen Kloster. Dieses unaufgeregte Plätzchen am Rand der Altstadt, wo die Neris in die Memel mündet, ist der Ausgangspunkt für eine Tour durchs unaufgeregte Kaunas, die nach der Hauptstadt Vilnius zweitgrößte Stadt des, Sie ahnen es, unaufgeregten Litauens. Das baltische Land ist wie gemacht für diese hippeligen Zeiten: ruhig, grün, mit etwas Ostsee, nicht allzu verschlafen und mit wohlgemuter Freundlichkeit. In Kaunas kreuzten sich jahrhundertelang die Wege von Händlern, Kriegern, Einwanderen, Durchwanderern. In der Altstadt (o.) sind ihre Zeugnisse zu bestaunen. Wie im historischen Präsidentenpalais, das von der Witwe eines Beamten des Zaren gebaut wurde, an einen jüdischen Händler ging, der es an die russische Verwaltung verkaufte. Später herrschten von hier aus Deutsche und Litauer, heute ist es ein Museum. Und ein Beispiel für die wechselvolle Geschichte des Landes (Niels Kruse)
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