Aus für eine Institution "Allen auf See: Mast- und Schotbruch!": Darum lief der Seewetterbericht im Deutschlandfunk zum letzten Mal

Ein Kutter vor Dagebüll. Seefahrer müssen bald auf den Seewetterbericht im Deutschlandfunk verzichten.
Ein Kutter in rauer See vor Dagebüll (Schleswig-Holstein). Hobby-Skipper und professionelle Seefahrer müssen bald auf den Seewetterbericht im Deutschlandfunk verzichten.
© Carsten Rehder / DPA / Picture Alliance
"Deutsche Bucht, Nord-Ooost, sechs, ooost-drehend und abnehmend vier bis fünf": Jahrzehntelang gehörte der Seewetterbericht zum Radio wie die Ebbe zur Flut. Nun ist Schluss damit, zumindest im Deutschlandfunk.

Eine Institution ist verschwunden: Das Deutschlandradio hat die Ausstrahlung des täglichen Seewetterberichts im Programm des Deutschlandfunks eingestellt. Am Dienstag lief er um 18.10 Uhr zum letzten Mal.

Ein Toningenieur des Senders verbreitete bei Twitter ein Video der letzten zwei Minuten des Seewetterberichts, gelesen von Jan Kämmerer aus dem Deutschlandfunk-Sprecherensemble. Nach dem Verlesen der Meldungen sprach Kämmerer für das Format ungewohnt persönliche Abschiedsworte: "Das war der letzte Seewetterbericht hier im Deutschlandfunk. Nach über 50 Jahren beenden wir die Ausstrahlung dieser Informationen auch auf den verbliebenen Verbreitungswegen (...) Aus dem Funkhaus hier in Köln allen Hörerinnen und Hörern einen guten Abend – und allen auf See: Mast- und Schotbruch!"

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Die Vorhersage für die Seefahrt wurde nach Angaben der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt am 31. Mai 1971 erstmals im Deutschlandfunk gesendet. Zuletzt lief der gut 20 Minuten lange Seewetterbericht dreimal täglich um 1.05 Uhr, 6.40 Uhr und 18.10 Uhr auf dem Kanal Deutschlandfunk Dokumente und Debatten im Digitalradio. Die Ausstrahlung per Mittelwelle wurde bereits vor Jahren eingestellt.

Seewetterbericht wird eingestellt – aber nicht überall

Der Seewetterbericht enthielt neben einem Überblick über die aktuelle Wetterlage auch Vorhersagen über Windstärken und Seegang auf Nord- und Ostsee sowie Wasserstände und weitere nautische Meldungen, zum Beispiel zu auf See verlorenen Ankern oder Taucherarbeiten. Markant sind vor allem die langgezogene Betonung der Himmelsrichtung "Ooost", um den Begriff auch bei schlechten (analogen) Empfangsbedingungen von anderen unterscheiden zu können, sowie die teils kryptisch anmutenden Orts- und Ereignisbezeichungen (die letzte Ausgabe zum Nachhören finden Sie hier). Eine "entrückte Magie einer Parallelwelt" machte die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" im Seewetterbericht aus.

Auf See ist das Wissen über das Wetter essenziell. Doch die Zeiten, in denen sich Hobby- und professionelle Kapitäne in erster Linie via Funk oder Radio über die erwartete Wetterlage informieren, sind offenkundig vorbei. "Mittlerweile sind digitale 'Wetterinfoboxen' weit verbreitet (...) und viele Segler und Wassersportler nutzen spezielle Wetter-Apps", teilte ein Sprecher des Deutschlandradios auf stern-Anfrage zu den Gründen für die Einstellung mit.

Außerdem informiert auch der Deutsche Wetterdienst über digitale und analoge Kanäle weiterhin über das Seewetter, unter anderem per Lang- und Kurzwelle über Wetterfunksender und Küstenfunkstellen entlang der deutschen Nord- und Ostseeküste.

Und trotz des Aus für den Seewetterbericht beim Deutschlandfunk gibt es ihn auch weiterhin im Radio zu hören. Der Norddeutsche Rundfunk strahlt laut Programmschema über NDR Info Spezial auch nach dem 1. März täglich um 8.30 Uhr und 23.03 Uhr den Seewetterbericht für Nord- und Ostsee aus.

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Hinweis der Redaktionen: Dieser Artikel erschien erstmals am 20. Februar 2023. Anlässlich des letzten Seewetterberichts haben wir ihn in aktualisierter Form erneut veröffentlicht.