Warum Jacques Villeneuve bei den Rennen auf dem Sofa einschläft, wie Williams in der nächsten Saison wieder oben angreifen will und was die Fahrer in Silverstone so neues erwartet - sportal.de verrät es in den Formel 1-News.
Schon während seiner aktiven Zeit war Ex-Weltmeister Jaques Villeneuve für seine deutlichen Aussagen bekannt, nun nahm sich der Kanadier gleich den gesamten Rennzirkus vor. In einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters regte sich der aktuell noch in der Nascar-Serie startende Villeneuve über die durch DRS (verstellbarer Heckflügel) künstlich herbeigeführte Rennaction auf:
"Es interessiert mich nicht, Überholmanöver mit DRS zu sehen", redete sich Villeneuve in Rage. "Da sehe ich lieber, wie Lewis es probiert, was manchmal in Tränen endet, aber zumindest macht es Spaß. Bei den ganzen Überholmanövern mit DRS schlafe ich ein. Das ist nutzlos, langweilig, einfach kein echter Rennsport mehr. Ich verstehe nicht, warum dieses Ding an einem Formel 1-Auto ist. Die Fahrer denken: 'Oh, er wird mich gleich überholen. Warum sollte ich mich wehren?' Und das war es dann. Keine Spannung, nichts."
Auch einem immer mal wieder ins Gespräch gebrachten Comeback schob Villeneuve einen Riegel vor: "Ich bin fertig damit. Es kümmert mich einfach nicht mehr. Zur Hälfte eines jeden Rennens fange ich zu gähnen an. Es fällt mir schwer und ich werde sauer. Wenn ich sehe, dass sich diese Jungs nicht einmal mehr verteidigen können... Zum Beispiel Michael (Schumacher) in Montreal - er hätte auf dem Podium stehen sollen."
Der WM-Führende Sebastian Vettel ist Villeneuve ebenfalls ein Dorn im Auge. Vettel sei nicht der beste Fahrer im Feld, "er muss derzeit ja gegen niemanden kämpfen", so der Kanadier. "Bei genauer Betrachtung fällt auf, dass Vettel jedes Mal versagt, wenn er gegen jemanden kämpfen muss. Man erinnere sich an Montreal." Bei Lewis Hamilton gibt sich Villeneuve dagegen gnädig: "Lewis vergisst manchmal, seinen Kopf einzuschalten und kracht dann irgendwem ins Auto. Aber das ist Racing. Das ist es, was man sehen will: Zweikämpfe."
Das Comeback des dynamischen Duos?
1997 war es Villeneuve, der für den Williams-Rennstall den letzten Fahrertitel holen konnte, die älteren unter uns erinnern sich an das legendäre Saisonfinale, als Michael Schumacher wegen eines absichtlichen Fouls gegen Villeneuve alle Punkte aberkannt wurden. Auch der Konstrukteurs-Titel ging in dieser Saison letztmals an den englischen Traditionsrennstall - genau da will Williams wieder mit aller Macht hin.
Börsengang und der Austausch wichtiger Entscheidungsträger (Technikchef Sam Michaels musste gehen, Mike Coughlan fand nach der Spionage-Affäre den Weg zurück in die Formel 1) liegen bereits hinter dem Team, das in dieser Saison mit nur vier WM-Punkten gnadenlos hinterher fährt. Nun wurde der wohl wichtigste Schritt bekanntgegeben, ab dem kommenden Jahr werden die erfolglosen Cosworth-Motoren gegen Renault ausgetauscht.
Völlig unabhängig davon, dass Renault und Williams Mitte der 90er Jahre das dominierende Doppel in der Formel 1 war (WM-Titel für Mansell 1992, Prost 1993, Hill 1996 und Villeneuve 1997), versprechen sich beide Parteien eine Menge von dem Deal. In erster Linie will natürlich Williams zurück an die Spitze, die derzeit weiter kaum entfernt seit könnte. Renault beliefert auch den Weltmeister-Boliden von Sebastian Vettel.
Die vorerst auf zwei Jahre angelegte Partnerschaft soll schnell Früchte tragen. "Warum auch nicht", fragt sich Williams-Geschäftsführer Adam Parr laut motorsport-total.com. "Die Abstände sind in der Formel 1 so klein und ich sehe keinen Grund, warum wir nächstes Jahr nicht den Fortschritt machen können, den wir dieses Jahr hätten machen sollen. Es wird nicht nur am Motor liegen, sondern auch an allen anderen Dingen." Williams legt demnach bereits jetzt den Fokus auf die kommende Saison.
Neues aus dem Keller
Noch erfolgloser als Williams sind nur die drei Null-Punkte-Teams Lotus, Hispania und Virgin. Bei den beiden letztgenannten soll sich das aber auch ändern. Marussia Virgin Racing gab rechtzeitig vor dem Heim-GP in Silverstone eine Kooperation mit McLaren bekannt, die dem Team von sportal.de-Kolumnist Timo Glock in erster Linie Zugriff auf den Windkanal und den Simulator ermöglicht. "Wir können von McLarens weitreichenden Techniken und Fähigkeiten enorm profitieren und ich habe keinen Zweifel, dass uns diese Partnerschaft dabei helfen wird, die notwendigen Schritte einzuleiten, um große Sprünge nach vorne zu machen", ließ Geschäftsführer Andy Webb in einer Presseerklärung verlauten.
Als Vorbild dient Force India, wo 2009 ebenfalls McLaren-Knowhow platziert wurde und seitdem über 90 WM-Punkte gewonnen werden konnten. Beim Hispania Racing Team dürften die Einschnitte nicht ganz so entscheidend sein, aber immerhin gibt es mit dem spanischen Finanzinvestor Thesan Capital einen neuen Eigentümer, der den Schwerpunkt des Teams in die spanische Heimat verlegen und so die Kräfte bündeln möchte.
Silverstone in neuem Glanz
Jahrelang galt Bernie Ecclestone als ausgemachter Gegner der traditionsreichen Rennstrecke in Northamptonshire, die er gerne als "Jahrmarkt, der sich als Weltklasse-Veranstaltung verkleidet" bezeichnete. So war das Aus für Silverstone bereits beschlossen, Donington stand als Ersatz in den Startlöchern. Doch es kam anders, Donington bekam finanzielle Probleme, die Macher in Silverstone entschlossen sich den größten Schwachpunkt auszumerzen und so dürfen die Fahrer auch in den kommenden Jahren auf einer der beliebtesten Strecken starten.
Und sie dürften auch nicht schlecht gestaunt haben, als sie im Laufe der Woche in Silverstone eintrafen. Denn das Boxengebäude - der sogenannten Silverstone-Wing - wurde für über 30 Millionen Euro neu aus dem Boden gestampft und bietet den Teams nun wesentlich mehr Platz. Der futuristische Bau mit vielen Glas- und Stahl-Elementen erinnert so gar nicht mehr an den altehrwürdigen Charme - doch Ecclestone ist zufrieden und dann ist es auch die gesamte Formel 1.
Marcus Krämer