Kimi Räikkönen Vom Underdog zum Champion

Von Elmar Brümmer, Sâo Paulo
Sicher ist er nicht der beste Formel-1-Pilot der Saison, aber in jedem Fall der coolste: Kimi Räikkönen, der Last-Minute-Champion von Brasilien, hat die Sache in Altkanzler-Manier ausgesessen. Der Begriff Dramatik kommt in seinem ohnehin begrenzten Wortschatz vermutlich gar nicht vor.

Er hat sie einfach abgezockt, die beiden großen Favoriten - in einem übers Jahr hinweg eigentlich unterlegenen, zumindest aber unzuverlässigen Rennwagen. Auch das macht den Finnen zum Mehr-Wert-Weltmeister. Kimi Matias Räikkönen ist einfach so schnell und so gut, weil er sich um nichts schert. Er fährt zwar immer nur auf Sieg, aber diesmal musste er auch lauern, was die anderen machen. Warten muss man können, gerade als Rennfahrer. Und keiner kann das besser als der große Schweiger. Hat er doch schon seit sieben Jahren darauf gewartet, endlich vom Talent zum Champion zu werden.

Im Sommer war Räikkönen schon abgeschrieben, aber das hat er mit einem Schulterzucken quittiert. Gasgeben, immer Richtung Norden und dann geradeaus - so ist er. Wenn das Auto läuft, gibt es wenige, die so schnell sein können wie der Finne. Und die reine Ratio ist gerade dann ein Trumpf, wenn eine Saison von so vielen Emotionen bestimmt wird wie die gerade beendete.

Ein echter Underdog

Er hatte den niedrigsten Druck im Finale, nicht nur was das eigene Blut anging. Hochgerechnet hat er die vielen verschiedenen Platzierungs-Kombinationen selbstverständlich nicht. Keine Illusionen, keine Enttäuschungen - ein echter Underdog, der in Brasilien zum Klassenbesten gekürt wurde. Darauf einen Vodka Koskenkorva, seinen Lieblingssprit, 60 prozentig. Klare Getränke, klare Ansage. Zugegeben, eine etwas freie Interpretation von Konzentration. Aber nüchtern betracht geschieht das meiste, was der 28-Jährige tut, eben pur. Ihm ist wirklich alles egal, außer dem, was im Cockpit passiert: "Fahren ist das einzige, was ich an der Formel 1 mag."

Da ist einer mit sich und der Welt im Einklang. Er hat Spaß am eigenen Tun, und will diesen partout nicht teilen. Für nahezu aussichtslose Situationen braucht man dieses Gemüt, von dem es heißt, es sei nordisch. Ein echter Iceman eben. Aber den Spitznamen hat Ron Dennis für ihn erfunden. Der Finne selbst schreibt sich lieber als James Hunt ein, den weltmeisterlichen Lebemann, Champ von 1976. Auch wenn Räikkönen manchmal so blass wirkt, dass man am liebsten fühlen würde, ob er noch Puls hat - abseits der Rennstrecke lebt er noch ein richtiges Leben, zeigt im Nachtclub auch schon mal den kleinen Kimi. Und kommt jetzt selbst ganz groß raus.

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