Rundenlang fuhr er nach verpatztem Start und Unfall unterlegenen Rivalen fluchend hinterher. Überholen unmöglich. In diesen Momenten hätte Lewis Hamilton wohl am liebsten alles und jeden über den Haufen gefahren. Die langsamen Schleicher vor ihm brachten ihn an den Rand der Verzweiflung. Niemand machte Platz, von Respekt keine Spur - dabei ist er doch Vize-Weltmeister, der Mann, der die Formel 1 in den nächsten Jahren beherrschen soll, der kommende Weltmeister. An diesem Sonntagnachmittag merkte der 23-Jährige: Der Grand Prix von Bahrein ist nicht sein Rennen, er und sein Team sind nicht in Form, die Welt der schreienden Motoren hat sich verschworen. Diesmal gegen ihn.
Der Druck auf den hochtalentierten McLaren-Mercedes-Piloten wächst. Diese Saison soll der Titel her, er ist der Hoffnungsträger der erfolgsverdammten Silbernen. Zu begeistert haben sich alle Beteiligten von seiner bisherigen Performance gezeigt. Hamiltons Boss Norbert Haug, Experten wie Niki Lauda und andere Formel-1-Heroen, aber auch die großen Strippenzieher Bernie Ecclestone und Max Mosley waren happy, dem Millionen-Publikum endlich wieder so etwas wie einen Robin Hood auf vier Rädern präsentieren zu dürfen. Selbst die eigenen Kollegen und Rivalen waren unisono einer Meinung: Dieser Kerl hat es einfach drauf.
Erfolge sind Geschichte
Zu Recht: Schließlich hat der McLaren-Mercedes-Pilot 2007 Teamkollege Fernando Alonso so zugesetzt, das dieser fluchend das Team verlies. Vize-Weltmeister ist er in seiner ersten Saison geworden, unglücklich im letzten Rennen von Kimi Räikkönen bezwungen.
Dieses Jahr ist alles anders: Er zeigt Schwächen, die Lockerheit ist weg, Hamilton ist gestresst. "Eine Katastrophe, ein Desaster", polterte er wutentbrannt nach Bahrein. Zum ersten Mal von Souveränität keine Spur: Riesen-Patzer am Start (Haug: "Er hat einen Fehler gemacht, die Startprozedur lief nicht wie geplant"), unnötiger Crash mit Alonso in der zweiten Runde, danach nur noch Mitfahrer - Hamilton ist nervös, der Unfehlbare zeigte Schwäche.
Und das Schlimmste für einen Sportler: Die Kritiker mehren sich. "Erstaunlich, dass ihm so etwas passiert", so Keke Rosberg. Lauda ergänzt: "Ich hatte gedacht, er wird dieses Jahr noch besser." Aber gerade das ist das Problem. Er ist nicht besser, zudem kennt die Konkurrenz ihn und seine Stärken Und sein neuer Teamkollege Heikki Kovalainen ist stark. Der junge Finne liegt nach drei Rennen mit 14 Zählern gleichauf mit Hamilton und wird sich kampflos nicht ergeben.
Fokus auf den Sport
Schwere Zeiten für Lewis. Die ersten seiner Formel-1-Highspeed-Karriere. Daraus muss und wird er lernen. Runter mit den Designer-Klamotten, fort mit den Star-Allüren, weg mit dem Nummer-1-Star-Gehabe - Hamilton ist zu gut, sich durch Blendwerk bremsen zu lassen. Das muss er kapieren – dann ist er auch sportlich wieder ganz vorne mit dabei. Und Ferrari muss wieder zittern - vor British-Race-Power.