1. Bundesliga Bundesliga-Vorschau - FC Augsburg

Zu hohe Erwartungen - das ist nicht das Problem des FC Augsburg. Der Aufsteiger hat praktisch keine Spieler mit positiven Bundesligaerfahrungen im Kader. Warum das Grund zur Sorge gibt, aber warum Angst vielleicht besser ist als Sicherheit, erfahren Sie in Teil 11 unseres Bundesliga-Checks.

Während Hertha BSC nach nur einem Jahr in die Bundesliga zurückkehrt und damit wieder dort spielt, wo der zweifache Deutsche Meister nach Meinung seiner Fans auch hingehört, ist der FC Augsburg ein absoluter Neuling in der obersten deutschen Spielklasse.

Aber nicht nur die Historie macht den FCA zum Außenseiter in der kommenden Bundesligasaison. Auch der Kader der Schwaben wird landauf, landab mit großer Skepsis betrachtet und gilt in den meisten Medien als Grund, Augsburg zum Absteiger Nummer eins zu erklären. Dabei schaffte Jos Luhukay mit seiner Mannschaft recht souverän den Aufstieg, der in der Vorsaison noch in der Relegation gegen Nürnberg knapp verpasst worden war.

Gute Zeiten

In Augsburg selbst ist die Stimmung sehr positiv. Das gilt indes natürlich für fast alle Clubs, die zum allerersten Mal in die Bundesliga aufsteigen. Was hat man schon zu verlieren? Da die Formkurve des Teams über vier Jahre hinweg stetig nach oben zeigte, bis es mit dem Aufstieg endlich klappte, wähnt man sich auf einem guten Weg, den Manager Andreas Rettig seit 2006 entscheidend mitgeprägt hat.

Um die entspannte Herangehensweise an die neue Aufgabe zu dokumentieren ("Wir müssen nicht zwingend in der Bundesliga bleiben"), hat man den Vertrag von Trainer Luhukay mit der Zusage verlängert, der Coach könne auch 34 Spiele verlieren und werde trotzdem nicht entlassen. Ob diese Art von Übertreibungen ratsam sind, ist natürlich eine andere Frage. Luhukay selbst kann solche Ansagen "richtig einordnen", wie er dem Kicker sagte.

Das spricht für den sympathischen und pragmatischen Trainer. Vielleicht steigt man auch mit ihm wieder ab und setzt auf Kontinuität. Dennoch ist es unwahrscheinlich, dass der Trainer eines Bundesligisten eine Situation im Amt überstehen kann, in der seine Mannschaft etwa im Februar noch keine zehn Punkte hat. Auch in Augsburg nicht.

Schlechte Zeiten

So auffällig ist das Vertrauen des FCA in Spieler, die sich bei früheren Engagements in der Bundesliga nicht durchsetzen konnten, dass die Verantwortlichen offensiv versuchen, es zur Philosophie zu erklären. Nicht nur war der Zweitligakader schon mit Spielern vom Schlage eines Uwe Möhrle, Axel Bellinghausen, Daniel Baier, Marcel Ndjeng, Nando Rafael oder Michael Thurk gespickt. Hier könnte man noch einwenden, dass die Spieler ja nicht nach Augsburg in die 2. Liga gewechselt wären, wenn sie in der Bundesliga sichere Stammplätze gehabt hätten.

Auch nach dem Aufstieg holten die Schwaben nur Verstärkungen mit Zweitligaformat wie Sascha Mölders (FSV Frankfurt), Dominic Peitz (FC Union), Sebastian Langkamp (Karlsruher SC), Edmond Kapllani (SC Paderborn), oder gar aus der 3. Liga wie Patrick Mayer (FC Heidenheim). Mit Ausnahme von Kapllani, der schon ausgeliehen war, macht jeder einzelne dieser Transfers durchaus Sinn - als Ergänzung eines funktionierenden Kaders.

Das Risiko, einen Profi zu verpflichten, der noch nicht unter Beweis stellen konnte, dass er Bundesligaformat hat, ist im Einzelfall absolut legitim und sogar die Grundlage eines jeden echten Transferschnäppchens. Dass der FCA fast ausschließlich auf solche Spieler setzt, ist natürlich den Gegebenheiten und dem finanziellen Rahmen geschuldet, in dem sich der Aufsteiger bewegt.

Wenn wir die Eignung des Augsburger Kaders für die Bundesliga anzweifeln, dann also nicht im Sinne einer harschen Kritik an der Transferpolitik, sondern schlicht im Bemühen um eine realistische Einschätzung des Spielermaterials, mit dem Jos Luhukay den Klassenerhalt schaffen soll.

Abstiegssorgen können auch was Gutes haben...

Egal, ob man optimistisch oder pessimistisch auf die bevorstehende Saison des FCA blickt - dass die Angst vor dem Abstieg bis weit in die Rückrunde hinein ein Thema sein wird, ist sicher keine gewagte Prognose. Wenngleich das sicherlich Stress für alle Beteiligten mit sich bringt, hat der Kampf um den Klassenerhalt auch seine Vorteile.

Das merken FCA-Anhänger beim Blick auf den zuvor einzigen Erstligisten der Stadt, die Augsburger Panther. Die wurden in der DEL in der vorigen Saison Tabellenletzter. Da es aber keinen Abstieg aus der Liga gibt, was in einer Absprache zwischen der Liga und dem Verband gerade auch für die kommenden Jahre fest geschrieben wurde, ist den Panthern der Platz in der DEL auf Jahre nicht zu nehmen.

Die Fans honorieren das nicht gerade. Nur knapp mehr als 3.000 Fans kamen in der vergangenen Spielzeit im Schnitt ins gerade im Umbau befindliche Curt-Frenzel-Stadion. Da der Mannschaft auch in der kommenden Saison nicht viel zugetraut werden kann, steht den Anhängern mutmaßlich eine weitere Spielzeit mit 30 Heimspielen ohne großen sportlichen Wert ins Haus. Den Abstiegskampf des FCA wollen hingegen so viele Augsburger miterleben, dass der Dauerkartenverkauf bei 17.500 Tickets gestoppt werden musste.

Prognose

Augsburg muss als Abstiegskandidat Nummer eins gelten. Selbstredend ist es nicht ausgeschlossen, dass die Mannschaft es schafft, drei oder zumindest zwei Clubs hinter sich zu lassen. Wahrscheinlich wird mit der Euphorie des Aufstiegs im Rücken und einem relativ leichten Auftaktprogramm (mit Freiburg, Kaiserslautern und Hoffenheim genau die drei Clubs, die wir direkt vor den FCA tippen) sogar ein guter Saisonstart gelingen. Das galt aber in der Vorsaison auch für den FC St. Pauli, der am Ende dennoch Letzter wurde. Das Gleiche sehen wir für Augsburg voraus: Platz 18.

Daniel Raecke

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