1. Bundesliga Torloses Unentschieden zwischen Stuttgart und Kaiserslautern

Dinge, die keiner Fliege etwas zu Leide tun können: neu geborene Kätzchen. Murray Bozinsky aus "Trio mit vier Fäusten". Der 1. FC Kaiserslautern. Mit dem zweiten 0:0 in Folge sammelte der FCK einen weiteren Punkt gegen den Abstieg. Wartet aber seit dem 22. Oktober auf einen Sieg. Kein Wunder bei dem Offensivspiel, finden wir.

Als Dietmar Beiersdorfer noch Sportchef beim HSV war, erklärte er erfolglose Spiele seiner Elf gerne in bestem Fränkisch damit, ihr habe die "Durchschlagsgrraft" gefehlt. Wir wissen nicht, wie man etwas Sinngemäßes auf Pfälzisch sagen würde, aber wir wissen, was dem 1. FC Kaiserslautern fehlt. OK, eine bundesligataugliche Mannschaft, das war einfach. Aber spezifischer noch ein Plan, wie man in der Bundesliga torgefährliche Situationen kreiert und verwertet.

Beide Trainer ließen die gleiche Startelf auflaufen wie am vergangenen Wochenende. Beim VfB war das nur logisch, hatte sich die aktuelle Formation doch zuletzt gefunden und in Hamburg souverän mit 4:0 gewonnen. Beim FCK mochte es mehr der betonten Geduld und Unaufgeregtheit geschuldet sein, die der Club seinem anhaltenden Absturz entgegenhält. Im Treibsand soll man ja auch nicht wild mit den Armen rudern.

Mit der Beschaulichkeit übertrieb es Kaiserslautern in Stuttgart jedoch etwas. Nicht, dass wir die traditionellen Tugenden der Pfälzer wie knochenhartes Zweikampfverhalten als Schlüssel zum Klassenerhalt preisen wollten - obgleich nicht ersichtlich ist, warum ein spielerisch unterlegenes Tabellenschlusslicht nur ein Drittel aller Zweikämpfe in einem Auswärtsspiel gewinnt - aber irgendein Rezept musste Marco Kurz doch ausgegeben haben, um die sieglose Serie endlich zu durchbrechen.

Sandro Wagner - nicht der Idealtypus des Stürmers, den Lautern brauchte

Das von ihm aufgebotene Personal indes machte die Aufgabe gegen eine einigermaßen eingespielte Defensivabteilung des VfB, die guten Bundesligadurchschnitt verkörpert, nicht einfacher. Sandro Wagner ist ein Strafraumstürmer, der auf hohe Bälle wartet oder die Anspiele hält, um sie weiterzuleiten. Er ist kein Konterstürmer. Konter aber waren das einzige Rezept, mit dem tief stehende Gäste in Stuttgart auf Erfolg hätten hoffen können.

Eine Szene von kurz vor der Halbzeitpause mag das verdeutlichen: Da hatte Wagner den Ball erhalten und blieb in der linken Spielfeldhälfte fast mit dem Fuß auf dem Leder stehen, um zu warten, bis Außenverteidiger Leon Jessen sich endlich nach vorne bequemt hatte. Der Kurzpass auf Jessen fand den Dänen so immerhin im vollen Lauf. Inzwischen waren aber beide Sechser der Stuttgarter so weit mit aufgerückt, dass  weitere Kurzpässe fast unmöglich waren, und vor dem Tor gab es praktisch keine Anspielstationen, weil Christian Tiffert der einzige Lauterer mit Lizenz zum Überschreiten der Mittellinie zu sein schien.

Jessen blieb also nur eine Flanke nach dem Hail Mary-Prinzip. Wie durch Intervention der Jungfrau Maria landete sein Ball dann am Arm des blockenden William Kvist, und Kaiserslautern bekam einen Freistoß - und damit fast schon seine beste Torchance der ersten Stunde des Spiels.

Sakais Missgeschickt öffnete das Spiel - für zwei Minuten

Wie in solchen Spielen nicht selten, war es für die jeweils gegnerische Mannschaft leichter, die Gründe für die halben Chancen, die sich den Teams ergaben, auszumerzen, als für die Offensivkräfte, sich mehr Chancen herauszuspielen. So brauchte es eine bizarre und für Gotoku Sakai schmerzhafte Szene, die das Feng Shui in der Schlussphase kurzfristig durcheinanderbrachte, um noch einmal für Aufregung zu sorgen. Sakai hatte aus nächster Nähe einen Befreiungsschlag von Jan Simunek ins Gesicht bekommen (ja, das war die Sorte Spiel, in der Außenverteidiger Befreiungsschläge ins Gesicht bekommen).

Kaum war der Japaner von seiner Behandlungspause wieder aufs Feld zurückgekehrt, wurde er schon eines Lauterer Angriffs gewahr, der genau über seine verwaiste Seite vorgetragen wurde. Tiffert flankte durchaus präzise flach in die Mitte, aber vor dem Strafraum trat Wagner über den Ball. Auf der Gegenseite schloss Julian Schieber, inzwischen eingewechselt, aus zehn Metern ab - in die Arme von Keeper Tobias Sippel.

Nicht der Rede wert, denken Sie? Mag sein, aber Aufregenderes war in diesem Spiel zuvor auch nicht passiert. Fast aber im Anschluss, als der ebenfalls eingewechselte Cacau in der 81. Minute aus spitzem Winkel an einer Fußabwehr Sippels scheiterte.

Die allerbeste Gelegenheit hatte Kaiserslautern dann allerdings noch in der Nachspielzeit. Nach einer Ecke von rechts kam Florian Dick aus 15 Metern zu einem Drehschuss, der den linken Stuttgarter Torwinkel nur denkbar knapp verpasste. Denkbar nach Maßstäben eines Lauterer Stürmers allerdings, ein Nanotechniker hätte den Ball wohl noch etwas dichter am Tor zu imaginieren gewusst.

Am Ende blieb es so beim 0:0, das beiden Mannschaften nicht all zu viel nutzt - aber Kaiserslautern noch weniger, denn mit Unentschieden wird die Mannschaft nicht aus dem Tabellenkeller klettern können. Von den nächsten vier Spielen finden immerhin drei auf dem Betzenberg statt. Andererseits: Auch dort hat der FCK in dieser Saison im Schnitt nur 0,67 Tore pro Spiel erzielt.

Daniel Raecke

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