Erstmals seit dem 13. März 2005 steht der Schalke 04 wieder an der Tabellenspitze der Fußball-Bundesliga. Im Auswärtsspiel bei Energie Cottbus siegten die "Knappen" zum dritten Mal hintereinander, holten in den letzten vier Spielen zehn von zwölf möglichen Punkten. Eine Bilanz, die sich sehen lassen kann. Aber kann man dem Glück auf Schalke wirklich trauen?
Es ist nicht einmal vier Wochen her, als S04 in Trümmern lag: Das blamable Erstrunden-Aus im Uefa-Cup sowie die peinliche 2:4-Niederlage im Pokal bei Zweitligist FC Köln ließen die Alarmglocken bereits früh in dieser Saison schrillen. Von dubiosen Grundstückgeschäften und heikler Kassenlage wollen wir an dieser Stelle nicht sprechen. Die Kritik an Bundesliga-Anfänger Mirko Slomka sowohl durch die Medien wie durch das Schalker Publikum überstieg in dieser Phase das Maß der Erträglichkeit.
Grausames Schalke, erfolgreiches Schalke
Aber auch bei seiner eigenen Mannschaft hat der Trainer-Novize einen schweren Stand. Sinnbildlich dafür eine, nein die Szene des 11. Spieltages, als Torschütze Varela mit einem Affenzahn auf die Ersatzbank rannte, um mit Frank Rost zu feiern und zu jubeln. Jenem 33 Jahre alten Torwart, der bis zum Spiel gegen Mönchengladbach vor zwei Wochen Mannschaftskapitän und unumstrittene Nummer 1 bei Schalke war und nun dem 20 Jahre alten Talent Manuel Neuer Platz machen musste. Während Varela den neuen Ersatztorwart herzte, stand Slomka isoliert als stiller Beobachter daneben. Keiner im königsblauen Dress schenkte ihm in diesen schönen Augenblicken Beachtung - grausames Schalke, erfolgreiches Schalke.
Zugegeben: Auch die Unentschlossenheit der Kontrahenten hat Schalke 04 nun an die Spitze des Tableaus gespült. Sonderlich toll haben sie eigentlich nicht gespielt. Geredet haben die Spieler übrigens seit Wochen mit niemandem mehr. Es heißt, sie fühlen sich von den Medien zu hart kritisiert. Nach dem Motto "Reden ist Silber, Schweigen ist Gold" geht die Mannschaft immer noch vor - und hat damit Erfolg. Erstaunlich dabei ist vor allem eine Tatsache: Schalke 04 ist ohne die so genannten Wortführer Bordon, Lincoln (beide verletzt) und Rost (s.o.) an die Spitze gestürmt. Weitere meinungsstarke Akteure wie Fabian Ernst und Asamoah fehlten ebenfalls bei der jüngsten Siegesserie.
Spaltpilz Lincoln
Und genau da liegt nun für Trainer Slomka der Hase im Pfeffer. Die tragenden Figuren melden sich nach und nach wieder einsatzbereit. Allen voran Spielmacher Lincoln. Und der gilt auf Schalke gemeinhin als größter Spaltpilz innerhalb eines von Eitelkeit zumindest angefressenen Teams. Die Kunst wird darin bestehen, jene genannten Spieler - man könnte sie auch Stinkstiefel nennen - in ein derzeit so gut funktionierendes Mannschaftsgefüge einzugliedern. Wenn Mirko Slomka das schafft, hat er vielleicht sogar seine Meisterprüfung bestanden. Der vielleicht härteste Konkurrent im Titelrennen, der FC Bayern München, hat die Knappen jedenfalls auf dem Zettel. "Da herrscht große Unruhe und trotzdem sind sie oben. Das ist gefährlich", sagte FCB-Boss Kalle Rummenigge unlängst.