Bundesliga-Kommentar Hilfe, "Kloni" nicht mehr torgeil!

Von Klaus Bellstedt
Was ist los mit den Über-Bayern? Beim möglicherweise folgeschweren 0:0 gegen Frankfurt offenbarte der FCB eine bisher nie da gewesene Schwäche. Die Jäger aus dem Norden wittern wieder Morgenluft. Und die Liga atmet auf.

Irgendwie hatten sie uns alle eingelullt, die Bayern. Am Anfang noch mit spektakulären Auftritten, später einfach nur noch abgeklärt, drehte der Rekordmeister an der Tabellenspitze einsam seine Runden. Ribery wurde etwas voreilig als der neue Star der Bundesliga gefeiert und die beiden Weltklasse-Stürmer Klose und Toni vom Boulevard kurzerhand zu "Kloni, das torgeile Sturmpaar" umbenannt. Weil sie ja trafen wie sie wollten. Bis Samstag, 17.20 Uhr scheute der neutrale Fußball-Freund den Blick auf die obere Tabellenregion, zu Lichtjahre-mäßig erschien der Abstand der Über-Bayern auf die üblichen Verdächtigen - eigentlich vom ersten Tag der neuen Saison an.

Damit ist es nun vorbei. Auch wenn es immer noch irreal erscheint, der Vorsprung der Roten aus München ist auf mickrige zwei Zähler zusammengeschmolzen. Zuzuschreiben haben sie es sich selbst. 16 fette Chancen, 16 Ecken, insgesamt 38 Schüsse auf das Frankfurter Tor und am Ende doch nur ein enttäuschendes 0:0. Das war natürlich viel zu wenig für die stets so hohen Ansprüche an der Isar. Alles ging bisher gut, selbst das torlose Remis sechs Tage zuvor beim BVB wurde in der Analyse richtigerweise als Erfolgserlebnis abgebucht. Und die Erkenntnis aus der Partie gegen die Gnadenlos-Einigel-Taktiker von der Eintracht? Sie muss die Bayern-Bosse schmerzen. Weil der Auftritt ihnen eindrucksvoll offenbarte, dass die teuerste Mannschaft der Liga-Historie erstmals an die Grenzen des spielerisch Planbaren stieß.

Was heißt das jetzt für den Rest der Bundesliga? Die Bayern werden ihre Verschleißerscheinungen schnell wieder überwinden. Das ist sicher. Das kennt man von ihnen. Und dennoch: Die kleinen Schönheitsflecken auf der bisher so blitzsauberen Weste haben vor allem die beiden Jäger aus dem Norden sehr wohl realisiert. Der HSV und Werder eilen im Herbst 2007 von Sieg zu Sieg, beide Teams präsentieren sich derzeit beeindruckend konstant. Immer noch hecheln sie zwar hinterher, aber - und das ist psychologisch eminent wichtig - sie lauern erstmals in Schlagdistanz. Das gilt vor allem für die Hamburger, die plötzlich schon am kommenden Wochenende mit einem Sieg beim Verlierer des letzten Spieltages, dem FC Schalke 04, und einer gleichzeitigen Pleite des Rekordmeisters beim amtierenden Meister aus Stuttgart die Tabellenführung übernehmen könnten. Keine völlig abwegige Vorstellung, wenn man sich mal die Formkurven der genannten Teams vor Augen führt.

Der 12. Spieltag war ein guter Spieltag. Die Bayern sind trotz des Ausrutschers weiter der Topfavorit auf den Titel, alles liegt in ihren Händen. Wichtig aber ist, dass der Spannungsaspekt wieder zurückgekehrt ist. Denn davon profitiert letztlich auch das Gesamtpaket Fußball-Bundesliga. Weil es dadurch insgesamt in Wertigkeit und Niveau wieder steigt. Ein Effekt, der vor allem im Vergleich mit den führenden Ligen aus England, Spanien und Italien dauerhaft wünschenswert ist.

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