Krise beim FC Bayern Die "guten Freunde" müssen es richten

Von Elisabeth Schlammerl, München
Hinter den Kulissen des FC Bayern scheppert's häufiger mal. Doch wenn es gilt, Deutschlands mächtigsten Fußballclub aus der Krise zu führen, stehen Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge zusammen.

Franz Beckenbauer hat das Credo des Vereins einst musikalisch vorgetragen. "Gute Freunde kann niemand trennen", heißt das Lied, das sich nur deshalb halbwegs gut verkaufen ließ, weil der Interpret Deutschlands bester Fußballspieler war. Die Führungsriege des FC Bayern München hält sich auch noch ein knappes halbes Jahrhundert später an diese Devise. Entscheidungen, so lässt die Chefetage gerne wissen, würden stets einstimmig fallen beim deutschen Rekordmeister. Was aber nichts anderes bedeutet, als dass so lange diskutiert wird, bis alle einer Meinung sind, oder sich derjenige, der dagegen ist, überreden lässt.

Am Sonntag hat es vermutlich sehr lange gedauert, bis Präsident Uli Hoeneß seine Zustimmung zur Weiterbeschäftigung von Trainer Louis van Gaal gegeben hat, seine Überzeugung ist es sicher nicht, denn das Verhältnis zwischen den beiden ist seit längerem gestört. "Wir müssen handeln, nicht reden", hatte er am Samstag nach der Niederlage in Hannover noch verkündet und damit deutlich zu verstehen gegeben, wie seine bevorzugte Lösung aussieht. Der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge stellte den Trainer auch nach der dritten Pleite hintereinander erst einmal nicht in Frage. Sollte das Abstimmungsergebnis bei der fünfstündigen Krisensitzung der Bayern-Oberen jemals nach außen dringen, wird es auch dann wieder heißen, dass sich alle einig waren.

Gemeinsam, aber nicht immer harmonisch

Ganz so harmonisch, wie es die Alphatiere des größten und mächtigsten deutschen Fußballklubs gerne darstellen, geht es beim FC Bayern jedoch nicht immer zu. Es gibt, wie überall in großen Machtzentralen, auch beim FC Bayern kleinere Kompetenzstreitigkeiten und größere Führungskämpfe - vor allem zwischen Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß. Früher spielten sie zusammen für den FC Bayern, seit bald 20 Jahren lenken sie gemeinsam die Geschicke des Vereins. Der eine ist der Antipode des anderen. Hier Rummenigge, der sich mit seinem harten und kompromisslosen Führungsstil viel Respekt erworben hat, aber nie die volle Zuneigung der Fans. Und dort Hoeneß, dem das Wohl des Menschen manchmal über den Erfolg geht und der auch deshalb die Seele des Vereins ist.

Viele Jahre haben sie das operative Geschäft des FC Bayern bestimmt, sie waren vereint für den Verein und manchmal gegen Franz Beckenbauer. Gemeinsam mussten sie die Suppe auslöffeln, die ihnen der redselige "Kaiser" eingebrockt hatte, weil er mal wieder Interna ausgeplaudert und oder nach einem schlechten Spiel in der ersten Erregung mit seiner Kritik über das Ziel hinausgeschossen hatte. Nun ist Beckenbauer nur noch Ehrenpräsident und damit nicht mehr eingebunden in die Entscheidungen des Klubs.

Rollenspiel: Guter Freund, kritischer Chef

Hoeneß hatte einst eine freundschaftliche Beziehung zu Ottmar Hitzfeld gepflegt, Rummenigge hingegen blieb stets auf Distanz zum jetzigen Schweizer Nationaltrainer, auch nach dessen zwischenzeitlicher Rückkehr 2007. Als der Vorstandschef einmal nach einem nicht zufrieden stellenden Spiel Hitzfeld indirekt taktische Fehler vorwarf ("Fußball ist nicht Mathematik"), enthielt sich Hoeneß jeglichen Kommentars, aber es war ihm anzumerken, wie sehr ihm die Bemerkung des Vorstandskollegen missfiel. Er trug schweren Herzens die Trennung von Hitzfeld 2004 ebenso mit wie die Verpflichtung von Jürgen Klinsmann. Rummenigge hatte ihn überredet, das Experiment mit dem ehemaligen Bundestrainer zu wagen. Dass seitdem immer wieder mal erzählt, dass er damals gerne Jürgen Klopp nach München geholt hätte, statt Klinsmann, ist womöglich als subtiler Vorwurf zu verstehen. Öffentliche Kritik am anderen gibt es nur versteckt, wenn es kracht, dann hinter verschlossenen Türen. Man habe "ein so gutes Verhältnis", erklärte Rummenigge einmal, "dass wir als Freunde unter vier Augen auch mal gewisse Dinge ansprechen können."

Als Hoeneß vor gut einem Jahr vom Posten des Managers in die repräsentative Rolle des Präsidenten wechselte, hat sich, so heißt es im Umfeld, das Verhältnis entkrampft. Hoeneß verhielt sich lange zurückhaltend, überließ die Kommentare zur Situation Rummenigge oder auch seinem Nachfolger, Sportdirektor Christian Nerlinger, obwohl er zugab, dass es ihm nicht immer leicht falle, sich aus dem Tagesgeschäft herauszuhalten. Im Spätherbst schließlich mischte er sich zum ersten Mal wieder richtig ein. Er startete mit einen Verbalangriff auf van Gaal. Nicht spontan sei der gewesen, gibt Hoeneß später zu, sondern geplant. Den Vorstandschef hat er nicht eingeweiht. "Ich habe eine Position im Verein, wo ich mir das erlauben kann", sagte Hoeneß. Rummenigge sah dies nicht so, aber er äußerte sich sehr diplomatisch, nachdem der Streit beendet war. "Wir müssen unsere Probleme intern lösen und mehr miteinander kommunizieren." Damit meinte er sicher nicht nur Hoeneß und van Gaal.

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