Champions League Die internationalen Probleme von Borussia Dortmund

Das Achtelfinale der Champions League wird mal wieder ohne den Deutschen Meister ausgetragen – daran wird auch ein Sieg von Borussia Dortmund gegen Piräus nichts ändern. Trotzdem muss der BVB aufhören, immer wieder die gleichen Fehler zu machen. Wir verraten, was eigentlich das Problem ist.

Um es zu Beginn direkt einmal festzuhalten: Für Borussia Dortmund geht es in den kommenden drei Spielen der Champions League nur noch um den dritten Platz in der Gruppe und damit das Überwintern in der Europa League. Alle anderen Träume, wie zum Beispiel der von Kapitän Sebastian Kehl, sind absurd.

Denn erstens bedeuten nicht mal neun Punkte aus diesen drei Spielen die sichere Qualifikation für das Achtelfinale, viel mehr stellt sich aber die Frage, wo bitte drei Siege herkommen sollen. Zieht man die sechs Europa League-Spiele der vergangenen Saison hinzu, so so zieht sich die Naivität, die Unerfahrenheit und die Erfolglosigkeit des BVB auf internationalem Terrain schon über ein Jahr hin – und Besserung ist nicht in Sicht.

Denn in schöner Regelmäßigkeit zeigt die Borussia ein ganz anderes Gesicht als in der Bundesliga, wo die vergangene Saison komplett dominiert wurde und auch in diesem Jahr mit 20 Punkten das Soll erfüllt ist. Der internationale Lernprozess ist mit neun Spielen allerdings viel zu lang und so legen wir die Finger nochmal in alle Wunden:

Reifeprozess falsch eingeschätzt

BVB-Coach Jürgen Klopp und Manager Michael Zorc verzichteten im Sommer bewusst auf Neueinkäufe, die das geringe Maß an internationaler Erfahrung ausgleichen könnten. Aufgrund der finanziellen Situation, der fehlenden Bereitschaft neue Schulden zu machen und dem Willen, den eingeschlagenen Weg mit jungen Spielern weiterzugehen, war dies sicher eine richtige Entscheidung.

Aber haben die positiven Stimmen, die nach der Auslosung von einer machbaren Aufgabe für das Achtelfinale gesprochen hatten, die Situation einfach total falsch eingeschätzt. "Wir haben auf unsere junge Mannschaft gesetzt", sagte Zorc nach der ernüchternden Pleite in Piräus. "Aber wir dachten, dass der Reifeprozess schneller vonstatten gehen wird."

Doch im Grunde ist das Gegenteil der Fall. Alte Fehler werden nicht abgestellt sondern wiederholt, neue kommen hinzu und so war der Ärger über den Deutschen Meister groß. Neutrale Fans jammern dann immer über die Fünfjahreswertung und sehen die Serie A wieder an der Bundesliga vorbeiziehen.

Mit diesem Märchen kann an dieser Stelle durchaus mal aufgeräumt werden, denn Deutschland hat fast 13 Punkte Vorsprung auf Italien und die Bundesligisten haben jetzt schon wieder mehr Punkte gesammelt als die italienischen Clubs. Trotzdem ist ein – nicht messbarer – Imageverlust auszumachen, ein Deutscher Meister muss den Anspruch auf das Achtelfinale der Königsklasse auch erfüllen können.

Wie ändert man die Mentalität einer Mannschaft?

Die Doppelbelastung ist nicht das Problem des BVB. Denn trotz der aufwändigen Spielweise sind die Dortmunder ihrem Stil treu geblieben und können weiter über 90 Minuten ihr Tempo spielen, wie die Schlussphase gegen Stuttgart gezeigt hat, wo der VfB müder wirkte und aufgrund der vielen Chancen mit Glück das Remis retten konnte.

Die Chancenverwertung ist aber das Stichwort, das bei den Problemen der Borussia an erster Stelle genannt wird und in den internationalen Spielen noch viel deutlicher zum Tragen kommt, als in der Bundesliga. Dortmund spielt gut, Dortmund erarbeitet sich viele hochkarätige Torchancen und Trainer Klopp muss danach immer erklären, warum so wenig Zählbares dabei herausgekommen ist.

Fehlende Cleverness oder ein zu geringes Maß an Gier auf den Torerfolg ist die eine Seite, die Mentalität der Mannschaft müsste sich aber auch ändern. Zu diesem Dortmunder Team gehört eine besondere Spielfreude, dabei wird zu häufig der richtige Zeitpunkt zum Abschluss verpasst. Ein Dribbling hier, ein Haken dort, ein unnötiger Pass auf den Nebenmann – und schon ist die Chance dahin.

Dies trifft insbesondere auf Mario Götze und Shinji Kagawa zu, die beiden Leichtgewichte im BVB-Mittelfeld übertreiben ihre unbändige Lust auf Fußball noch zu häufig. Klopp hat mit beiden schon am Anfang der Saison ein diesbezügliches Gespräch geführt, die Besserung blieb bisher aus.

90 Minuten Konzentration sind gefordert

Sprangen in der vergangenen Saison gegen Paris St. Germain und den FC Sevilla so immerhin noch drei Unentschieden heraus, so häufen sich in diesem Jahr die individuellen Fehler in der ansonsten so stabilen Defensive und schon setzte es zwei deutliche Niederlagen gegen Marseille und Piräus und auch das 1:1 gegen den FC Arsenal war einem Riesen-Patzer geschuldet.

Die Übeltäter hießen Sebastian Kehl, Mats Hummels, Neven Subotic und Marcel Schmelzer – fehlende internationale Erfahrung kann es bei diesen Namen eigentlich nicht allein sein. Trotzdem ist es auch für einen Spieler wie Hummels, der Woche für Woche in der Bundesliga starke Leistungen abliefert, ein Lernprozess. In der Champions League machen individuell unterlegene Mannschaften wie Olympiakos Piräus noch einen Schritt mehr, gehen noch motivierter in die Zweikämpfe und sind noch erfolgsorientierter.

Anders gesagt, reichen die Leistungen aus der Bundesliga in der Champions League einfach nicht, selbst wenn die Gegner nicht FC Barcelona oder Manchester United heißen. Wenn die Mannschaft begreift, dass in einer englischen Woche noch mehr verlangt wird, kann es zumindest in der Europa League noch weit gehen und schon wären auch die Fußball-Fans ohne das gelb-schwarze Gen versöhnt.

Marcus Krämer

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