Champions League Interview mit Bayer Leverkusens Trainer Robin Dutt

Vor dem Achtelfinale der Champions-League gegen den FC Barcelona spricht Robin Dutt im Interview über die weitere Zusammenarbeit mit Michael Ballack und gesteht Anpassungsschwierigkeiten zu Beginn der Saison ein.

Der Champions-League-Hit gegen den FC Barcelona kann es nicht verdecken. In dieser Saison kämpft Bayer Leverkusen mit vielen internen Problemen, aber auch mit schwankenden Leistungen. Michael Ballack ist zur Reizfigur geworden, Verletzungsprobleme kommen hinzu. Trainer Robin Dutt erklärt im Interview die Lage.

In der Champions League ist Bayer im Achtelfinale. In der Bundesliga muss Leverkusen als Tabellensechster sogar um den Einzug in die Europa League bangen. Warum läuft es national nicht gut?

In der Bundesliga kämpfen wir die komplette Saison um Ruhe und Konstanz. Es gibt Dinge, die man selber verantworten muss. Doch wir können intern nicht ausblenden, dass es in diesem Jahr durchgängig so viele personelle Ausfälle gab, die diese Ruhe nicht zugelassen haben. Wenn wir das immer wiederholen, wird das nicht besser.

Bayer-Vereinschef Wolfgang Holzhäuser hat kürzlich auf den Tisch gehauen und das Projekt Michael Ballack für aus heutiger Sicht nicht aufgegangen erklärt. Hilft Ihnen und der Mannschaft dieses Machtwort?

Es ist schwer zu bewerten, hilft es oder nicht. Ich habe zu Sportdirektor Rudi Völler und Wolfgang Holzhäuser ein großes Vertrauen entwickelt. Das sind keine Menschen, die jeden Tag Schlagzeilen produzieren oder heiße Luft rauslassen. Zu glauben, dass es bei der Thematik Michael Ballack ein Rezept gibt - wie es uns die Fachwelt der Bundesliga glauben lassen will -, um die Thematik zu beruhigen, das ist ein Trugschluss.

Bleibt das Thema Michael Ballack ein Hemmschuh bis zum Saisonende?

Ein Hemmschuh ist es für die Mannschaft nicht, zumindest tritt sie nicht so auf, als wäre sie gehemmt. Es ist ein Thema, das emotional begleitet und die unerfahrenen Spieler mehr beschäftigt als die erfahrenen.

Haben sie noch Hoffnung, einen Platz für Champions League 2012/13 zu erreichen? Zwischen Tabellenplatz vier und sechs liegen zehn Punkte!

Wir haben eine bewusst andere Herangehensweise für die Rückrunde gewählt. Nämlich nicht auf Punkteabstände zu schauen und die Konsequenzen aus Sieg und Niederlagen zu ziehen, sondern unsere Handlungen zu thematisieren.

Tatsache ist jedoch: Dortmund, München, Schalke und Gladbach sind fast enteilt!

Die vier Mannschaften, die oben stehen, werden am Saisonende, wenn sie so weiter punkten, mindestens 70 Punkte haben. Das bedeutet normalerweise deutsche Meisterschaft. Diesmal muss man damit in die Champions-League-Quali und wird nur Vierter. Wahnsinn!

Aber gelangt Bayer noch auf einen Champions-League-Platz, wenn nur die Handlungen analysiert werden und dies nicht offensiv als klares Ziel ausgegeben wird?

Bei Bayer Leverkusen hört sich das wachsweich an, bei Borussia Dortmund wird diese Vorgehensweise toleriert, um deutscher Meister zu werden. Das ist die Wahrnehmung im Fußball. Ich denke, es kann nie schaden, wenn man sich auf die Handlungen und nicht auf die möglichen Konsequenzen konzentriert.

Bei Ihrem Amtsantritt in Leverkusen haben Sie auch gesagt, dass die deutsche Meisterschaft auf absehbare Zeit angestrebt wird. Haben Sie dieses Ziel noch?

Dieses Jahr ist es nicht im Bereich des Möglichen, ansonsten ist es absolut möglich. Es müssen zwei Komponenten zusammenkommen, dass ein Verein wie Bayer Leverkusen deutscher Meister wird. Der FC Bayern spielt keine gute Saison und es muss alles passen. Die Politik bei uns lautet, kleiner Kader mit Qualität. Doch dann darf nichts passieren. Die kurzfristigen Ziele sollten die Handlungen sein, die langfristigen schon der Titel.

Viele hatten den Eindruck, dass ihr Verhältnis zur Mannschaft nicht ohne Spannung war?

Es ist richtig, dass wir einen Gewöhnungsprozess durchlaufen mussten. Aber: Die Betrachtung, was die Auswirkung betrifft, war falsch und wurde der Mannschaft nicht gerecht. Von der Betrachtung hatten viele den Eindruck, Trainer und Mannschaft arbeiten gegeneinander und deshalb können sie nicht miteinander. Es gab einen Gewöhnungsprozess, weil die Mannschaft einen komplett anderen Trainertyp vor sich stehen hatte. Und auch ich bin in ein anderes Umfeld gekommen.

Und da entstehen Konflikte...

Da entstehen Reibungen. Ich habe immer Wert daraufgelegt, dass es Reibungen und Diskussionen gibt. Denn das große Endergebnis kann nur entstehen, wenn das Team überzeugt ist von dem, was es tut. Die Mannschaft hat sich in diesem Prozess nie kontraproduktiv verhalten. Wie die Mannschaft es gemacht hat, sieht man im jetzigen Miteinander.

Also alles in Butter?

Momentan haben wir eine Zusammenarbeit, die richtig Spaß macht. Ich fühle mich hier rundum wohl und bin fest davon überzeugt, dass wir unsere langfristigen Ziele erreichen werden. 

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