Nach dem 0:4-Debakel gegen Bremen kommt der Hamburger Sportverein nicht zur Ruhe. Übergangstrainer Holger Hieronymus würde liebend gerne seinen Job als Fußball-Lehrer an den Nagel hängen und sich wieder seinen Aufgaben als Sportdirekt zuwenden - wenn er nur könnte. Einen »echten« Trainer als Nachfolger für Frank Pagelsdorf zu finden, fällt dem HSV schwer. Und so wird Hieronymus wohl auch am Samstag gegen Nürnberg die HSV-Bank drücken müssen. »Wir sind intensiv auf der Suche, aber es sieht nicht so aus, als wenn wir diese Woche noch jemanden verpflichten«, sagte HSV-Vorstandsvorsitzender Werner Hackmann. So schnell wie möglich solle ein neuer Coach präsentiert werden.
Olsen dementierte Kontakte
Zu Verhandlungen mit einzelnen Kandidaten wollte sich der nach der Entlassung von Trainer Frank Pagelsdorf heftig kritisierte HSV-Chef nicht äußern. Der dänische Nationaltrainer Morten Olsen wies unterdessen in Kopenhagen alle Gerüchte über einen möglichen Wechsel zum HSV energisch zurück. Der 102-fache Nationalspieler sagte der Deutschen Presse-Agentur (dpa) zu entsprechenden Medien-Berichten: »Ich gehe niemals im Leben aus einem laufenden Vertrag raus und verhandel darüber auch nicht. Das weiß jeder, der mich kennt«.
Olsen, der beim dänischen Verband bis 1. Juli 2002 nach Abschluss der Weltmeisterschaft in Japan und Südkorea unter Vertrag steht, bestritt energisch Kontakte mit dem norddeutschen Bundesligisten: »Ich habe absolut keine Ahnung, wie diese Gerüchte aufgekommen sind. Aber von denen lebt der Fußball ja nun mal«, meinte der 52-Jährige.
Kurz-Trainigslager
Hieronymus versuchte währenddessen, das Beste aus der Situation zu machen. Er leitete am sonst trainingsfreien Montag zusammen mit Co-Trainer Armin Reutershahn die Übungseinheiten der Profis in Norderstedt. »In unserer Situation brauchen wir keinen freien Tag«, meinte der Teamchef. Schon am Mittwoch wird der Tabellen-15. nach München fliegen und ein Kurz-Trainingslager im bayerischen Bad Göppingen beziehen. Hieronymus: »Wir müssen die Köpfe frei bekommen«.
Ein harter Hund muss her
Da von der HSV-Führung wenig Impulse kommen, machen sich die Spieler inzwischen so ihre Gedanken, welcher Trainer denn zu ihnen passen würde. »Wir brauchen«, forderte Torjäger Sergej Barbarez, »einen richtig harten Hund, der uns was auf die Fresse gibt«. Doch echte Trainer-Masochisten vom Schleifer-Format eines Felix Magathsind zur Zeit Mangelware.
Trainerduo Hrubesch/Osim?
Einer der Trainerkandidaten konnte sich beim 0:4 gegen Bremen ein Bild davon machen, was in Hamburg auf ihn zukommen würde. Horst Hrubesch, Coach der deutschen A2-Nationalmannschaft, gab sich zusammen mit DFB-Teamchef Rudi Völler die Ehre. Der frühere HSV-Kapitän Hrubesch wird zusammen mit dem Bosnier Ivica Osim vom österreichischen Erstligisten Sturm Graz als Anwärter auf die Trainerposition beim HSV gehandelt. Nicht jedoch Hrubesch oder Osim, sondern Hrubesch und Osim! Hrubesch soll sogar schon ein Gespräch mit DFB- Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder geführt haben.
Schreck bei den Gegenspielern
Bremens Mittelfeldspieler Fabian Ernst, der einst beim HSV kickte, aber nie einen gemeinsamen Nenner mit Ex-Trainer Pagelsdorf fand, schüttelte entsetzt den Kopf über seine einstigen Mannschaftskameraden. »Das war erschreckend«, befand der 22-Jährige. Aussicht auf Besserung besteht bei derzeit nicht einmal im HSV-Team. »Nicht bundesligatauglich«, lautete das niederschmetternde Prädikat von HSV-Abwehrchef Nico-Jan Hoogma. Ein »richtiger Trainer«, so der Niederländer, würde helfen. Für die Übergangszeit empfiehlt er, das taktische Konzept zu ändern. »Wir spielen mit vier Stürmern, haben aber kaum Torchancen. Und hinten wächst das Risiko«. Interimscoach Hieronymus hat die Situation zwar erkannt, an Lösungen mangelt es aber auch ihm: »So können wir nicht weiterspielen«, meinte er nach dem Waterloo gegen Bremen.