Angesichts der aktuellen Ereignisse in der Serie A fühlt man sich wieder einmal an die weisen Worte des Galliers Obelix erinnert: "Die spinnen die Römer". Gerade einmal 27 Spieltage sind in Italiens höchster Fußball-Spielklasse absolviert und bereits 15 Trainer gefeuert worden.
Umgerechnet auf die 20 Clubs entspricht das einer Quote von 75 Prozent aller Serie A-Trainerstellen und übertrifft insgesamt sogar noch alle Trainerentlassungen von Premier League (vier), Bundesliga (sechs) und Ligue 1 (vier) zusammengenommen. Selbst die Primera Divison hängt mit aktuell neun Entlassungen noch hinterher.
Zuletzt erwischte es nach der 3:6-Niederlage gegen Napoli Cagliaris Coach Davide Ballardini - nach noch nicht einmal vier Monaten im Amt und als bereits dritter Trainer der Sarden in dieser Saison. Bei Novara durfte sich Emiliano Mondonico nach sogar nur sechs Spielen schon wieder verabschieden. Zahlen, die eines beweisen: Die Geduld der Großzahl der allmächtigen Präsidenten in Italiens Fußball wird immer kürzer.
"Mangiallenatori" (Trainer-Fresser) werden die Club-Bosse wie Cagliaris Massimo Cellino, mit drei Entlassungen aktueller Spitzenreiter dieser Saison, daher in der Öffentlichkeit genannt. Ihre nervösen Finger am Abzug zucken immer schneller und sorgen dafür, dass der "Friedhof der Coaches" - so ein in Italien mittlerweile geläufiger Beiname der Serie A sich rasch vergrößert. "Das ist komplett verrückt", schimpfte der Präsident der Spielergewerkschaft Renzo Ulivieri laut AFP. "Wenn es in einem Club Konflikte gibt, ist der Schwächste Schuld der Coach."
Trainer-Recycling aus wirtschaftlichen Gründen
Doch in kaum einer Liga folgt die Auferstehung der gefeuerten Coaches so schnell auf ihren Abschuss wie in Italien. Denn die kuriose, aber trotzdem weit verbreitete Praxis in der Serie A ist, dass Nachfolger der geschassten Coaches häufig ihre gescheiterten Vorgänger werden. Aktuelle Beispiele für dieses Trainer-Recycling: Auf Ballardini folgte der erst vier Monate zuvor in Cagliari entlassene Massimo Ficcadenti, bei Novara wurde der nach dem Saisonfehlstart gefeuerte Aufstiegstrainer Attilio Tesser nach 37 Tagen doch wieder zurückgeholt.
Auf den ersten Blick erscheint das Prozedere widersinning und planlos, hat aber handfeste Gründe. "Das ist in erster Linie ein wirtschaftliches Problem. Wenn man einen Trainer feuert, feuert man ja auch dessen vier oder fünf Assistenten. Die Kosten dafür werden dann schnell unverhältnismäßig. Deshalb holt man dann gerne die ohnehin noch unter Vertrag stehenden Coaches zurück, schließlich sind die und auch ihr Stab bereits bezahlt", erklärte Sienas Sportdirektor Giorgio Perinetti gegenüber ilsussidiario.net.
Da Trainer in der Serie A während einer Saison nicht zwei verschiedene Clubs trainieren dürfen, stehen sie in der Regel noch weiter auf den Gehaltslisten. "Außerdem kennt der zurückkehrende Trainer Spieler und Umfeld bereits", wies Perinetti auf einen weiteren Vorteil der Zurückgeholten hin. Einarbeitungszeit brauche der Neue/Alte nicht. Perinetti ist sich aber trotzdem bewusst, dass dieser Schritt auch Nachteile haben kann. "Für die Spieler ist das natürlich verwirrend, ein Kommen und Gehen der Trainer trägt nicht unbedingt zur Konzentrationssteigerung des Teams bei." Daher favorisiere er für seine Siena in Siena eine größere Geduld mit den Trainern.
Palermos Zamparini der größte aller Trainer-Killer
Einer, der diese überhaupt nicht zu kennen scheint, ist Maurizio Zamparini. Der streitbare Präsident von US Palermo ist der Prototyp des "Mangiallenatori". Seit seinem Amtsantritt auf Sizilien 2002 hat er bereits satte 17 Trainer verschlissen. Zusammengenommen mit seiner Zeit als Boss bei Venezia (1987-2002) bringt er es auf sogar 45 Coaches in 25 Jahren. In dieser Saison sind es bereits zwei, nach zuletzt drei Niederlagen in Folge dürfte da aber noch was kommen.
Komplett lächerlich machte er sich aber in der letzten Saison. Nach einem 0:7-Fiasko Palermos gegen Udinese Calcio schmiss er wie auch schon in den Jahren zuvor mehrmals Delio Rossi raus und beschuldigte ihn lautstark über die Medien mit seiner falschen Taktik "sein Palermo zerstört" zu haben. Serse Cosmi übernahm, durfte vier Spiele die Bank hüten, ehe Zamparini Rossi zurückholte und plötzlich ganz zahm erklärte: "Ich habe meinen Glauben an Rossi wiedergefunden, er ist ein exzellenter Coach."
Für langfristige Planungen sind solche Präsidenten ein Graus, für die Unterhaltung gegnerischer oder neutraler Fans dagegen ein großer Gewinn. Zumal der aufbrausende Zamparini in Interviews nach Spielen immer für einen markigen Spruch gut ist. "Ich werde meinen Spielern die Eier abschneiden und sie zusammen mit Salat essen", wetterte er einmal nach einer schwachen Saison oder entschuldigte sich bei Adrian Mutu auf seine Art für eine rassistische Entgleisung. "Ich wollte Mutu doch nicht beleidigen, als ich ihn einen hinterlistigen, kleinen Zigeuner nannte." Nunja...
Nicht alle Römer spinnen offenbar
Aber zurück zum Thema und der Frage, ob tatsächlich alle Römer bzw. Italiener spinnen. Zumindest bei Lazio scheint das nicht der Fall zu sein. Denn dort wehrt sich Präsident Claudio Lotito mehrfach dagegen, auch in den Club der Mangiallenatori aufgenommen zu werden. Bereits zum zweiten Mal in dieser Saison erteilte er innerhalb weniger Monate einem Rücksichtsgesuch seines Coaches Edy Reja eine Absage.
Die ständige Kritik an seiner Arbeit von Fans und der lokalen Presse hatten den Argentinier kürzlich erneut derart entnervt, dass er alles hinschmeißen wollte. Dabei steht der Club doch gut da und hat trotz zuletzt einiger unnötiger Niederlagen immer noch beste Chancen auf einen Platz in der Champions League. Und mehr kann auch der kühnste Optimist von Lazio eigentlich auch nicht verlangen. Lotito hat das offenbar erkannt und setzt auf langfristige Arbeit.
Malte Asmus