Manuel Neuer wechselt den Verein Der "Schalke-Ultra" und die fremde Stadt

  • von Dirk Benninghoff
So viel Gefühl gibt's sogar auf Schalke selten. Manuel Neuer verlässt den Verein und verkündet es mit Tränen. Die Bayern freuen sich auf den "Schalke-Ultra" - zumindest die Spieler.

Tränen sind schwer im angeblich so gnadenlosen Fußballgeschäft. Nachdem in der vergangenen Woche Holger Stanislawski seine Gefühle bei der Verkündung des Abschieds vom FC St. Pauli nicht mehr unterdrücken konnte, wurden am Mittwoch auch Manuel Neuers Augen wässrig. Der Schalker Torwart weinte wie der Hamburger Trainer vor der versammelten Presse. Nicht die einzige Parallele zwischen dem Coach und dem Nationaltorwart: Wie Stanislawski verlässt Neuer nach 20 Jahren seinen Herz-Schmerz-Verein. Wie Stanislawski hat er etwas Besseres gefunden - streng rationell gesehen.

Wie der umworbene Keeper bestätigte, hat der FC Bayern München an ihm Interesse. So erklärt sich auch seine Begründung für den Weggang von Schalke, dem er eine Performance in der Champions League wie in dieser Saison (Schalke steht im Halbfinale) wohl nicht dauerhaft zutraut: "Ich will weiterkommen und den nächsten großen Schritt machen. Ich will dauerhaft auf höchstem Niveau spielen. Das ist die Champions League. Und ich will noch mehr auf eigenen Beinen stehen, das geht in einer fremden Stadt besser. Ich war jetzt 20 Jahre bei Schalke und habe diesem Verein alles zu verdanken."

Die Bayern würden sich die Verpflichtung wohl um die 20 Millionen Euro kosten lassen. Theoretisch ausgeschlossen ist aber nicht, dass Neuer doch erst nach Ablauf seines Vertrages geht. Denn offiziell verkündet wurde am Mittwoch nur, dass er seinen bis 2012 laufenden Kontrakt nicht verlängert.

Bayern-Spieler freuen sich

So gab es von offizieller Seite aus München noch keinen Kommentar zu der Causa, die seit Wochen den Verein von Teilen seiner Anhängerschaft spaltet. Die Spieler des FC Bayern freuen sich aber schon ganz unverhohlen und öffentlich auf ihren wahrscheinlich künftigen Mitspieler. "Von seiner ganzen Art her muss er einfach beim FC Bayern spielen", sagte Nationalspieler Miroslav Klose. Auch Abwehrspieler Daniel van Buyten hat kaum Zweifel, dass der Keeper des FC Schalke 04 von der kommenden Saison an im Tor der Bayern steht. "Neuer ist ein überragender Torwart. Ich würde mich freuen, wenn er zu uns käme."

So sehr freuen sich aber längst nicht alle Menschen in München auf den Weltklassetorwart. Die Fans in der Südkurve der Allianz-Arena hatten unlängst beim Spiel gegen Mönchengladbach mit öffentlichen Bekundungen gegen Neuer für Zerwürfnisse im Verein gesorgt. Ihr Unmut gegen Präsident Uli Hoeneß resultiert nicht zuletzt aus dem Interesse an Neuer, dem die Bayern-Fans, insbesondere die Ultras des Fanclubs "Schickeria" unter anderem vorwerfen, sie 2009 mit einem Jubel in Oliver-Kahn-Manier im eigenen Stadion provoziert zu haben. Hauptproblem für die Hardcore-Bayern ist aber wohl, dass Neuer Schalker durch und durch ist - oder ein "Schalke-Ultra", wie ihn die "Schickeria" nennt. Seit 1991 ist er im Verein, stand als Kind in der Kurve und trug unter seinem Torwarttrikot schon mal ein T-Shirt des Fanclubs "Buerschenschaft" aus Gelsenkirchen-Buer - eine Vereinigung mit Ultra-Charakter. Die Stimmung bleibt angespannt, auch wenn Kahn, bislang letzter Weltklasse-Torwart der Bayern mutmaßt, dass 75 bis 80 Prozent der Bayern-Fans den Schritt für eine gute Entscheidung halten werden. Eine Belastungsprobe für diese Annahme gibt es bald: Schalke muss am übernächsten Wochenende in München ran.

Bei den Schalker Fans halten sich Enttäuschung, Wut und Respekt für die Entscheidung in etwa die Waage, schaut man sich die mehr als 10.000 Kommentare an, die Manuel Neuer nach der Verkündung des Abschieds auf seiner Facebook-Seite erhielt.

"Es war kein schöner Moment"

So erklären sich auch seine Tränen zum Abschied - und eine ungewöhnliche Maßnahme: Neuer hatte schon am Dienstag ausgewählte Fanvertreter informiert. "Es war kein schöner Moment, den Fans meine Entscheidung zu sagen. Ich weiß, dass sie enttäuscht und traurig sind. Als Zehnjähriger in der Kurve hätte ich die Entscheidung auch nicht verstanden. Aber ich bin jetzt Profi und habe eine andere Sicht. Ich kann nur sagen, dass ich Jens Lehmann damals auch nicht ausgepfiffen habe. Er war mein Idol." Lehmann ging nach einer Zwischenstation beim AC Mailand zum Erzfeind nach Dortmund - diesen Deal würden die Schalker Neuer wohl nie verzeihen.

Nur dort, in Dortmund, löst die Entscheidung von Neuer ungeteilte Freude, besser Häme, aus - wie bei "Elmar 72" im BVB-Forum von www.schwatz-gelb.de: "Gut erhaltenes Buerli-Shirt von Ex-Hardcore-Ultra abzugeben. Aus beruflichen Gründen wir das Shirt nicht mehr benötigt. Gut erhalten, da immer nur drunter getragen. Achtung: Zaun-Megaphon erprobt! Auch Tausch mit Schickeria-Shirt möglich!"

mit Agenturen

PRODUKTE & TIPPS

Kaufkosmos