Nach Champions-League-Finale Toni Kroos bricht TV-Interview mit ZDF-Reporter rüde ab: Manchmal darf man sauer sein

Toni Kroos: "Ganz schlimm, ganz schlimm, wirklich"
Toni Kroos: "Ganz schlimm, ganz schlimm, wirklich"
© Adam Davy / DPA
Toni Kroos hat am Samstagabend zum fünften Mal in seiner Karriere die Champions League gewonnen — das ist überragend. Dann trifft ein ZDF-Reporter nach Schlusspfiff nicht den richtigen Ton und Kroos bricht das Interview schimpfend ab — leider zu Recht.

Selbstverständlich hat Toni Kroos rückblickend betrachtet ein wenig überreagiert. Wenn man sich den Interview-Versuch von ZDF-Feldreporter Nils Kaben mit dem deutschen Nationalspieler unmittelbar nach dem gewonnen Champions-League-Finale noch einmal anschaut, wirkt es gar nicht mehr so daneben, wie und was Kaden fragt — und Kroos' rüder Abbruch des Gesprächs ("ganz schlimm, ganz schlimm, wirklich") unprofessionell. 

Das ist aber nicht das Entscheidende. Was zählt, ist die unmittelbare Situation nach dem Spiel und in der hat sich Kaben ungeschickt verhalten. Es gehört zur Kunst eines Feldreporters, in einem bestimmten Moment den richtigen Ton zu treffen und auf die Gefühlslage eines Profis einzugehen, der gerade einen überragenden Erfolg feiert. Das hat Kaben nicht vermocht.

Man kann Toni Kroos aus der Situation heraus verstehen

Dafür darf sich Kaben zu Gute halten, dass das missglückte Interview mit Kroos in Zukunft in einer Reihe mit legendären Journalisten-Beschimpfungen stehen wird. Den Maßstab dafür setzt immer noch Völlers berühmt-berüchtigte "Weißbier"-Wutrede im Jahr 2003 im Gespräch mit ARD-Mann Waldemar Hartmann, auch wenn es Studio-Interview war. Genauso berühmt ist das Eistonnen-Interview mit Per Mertesacker bei der WM in Brasilien, als ZDF-Mann Boris Büchler verbal einiges einsteckte.

Doch wie konnte es soweit kommen? Kroos schilderte zu Beginn des Interviews aufgewühlt, wie "schön" gerade dieser Titel sei, weil seine drei Kinder im Stadion waren und Zeuge von Papas historischem Triumph wurden ("Das ist nicht zu beschreiben, wie schön das ist"). Und was folgt darauf? Kaben fragt, ob es so schön sein, weil es "keine Selbstverständlichkeit" sei. Da fühlt sich Kroos schon angefasst: "Was ist schon selbstverständlich? (...) Wir haben gewonnen, fertig!" Kaben fragt weiter: "War das überraschend für Sie, dass Real Madrid doch ganz schön in Bedrängnis geraten ist?" Damit ist für Kroos die Sache endgültig gelaufen: "Du hattest jetzt 90 Minuten Zeit, dir vernünftige Fragen zu überlegen, ehrlich. Und jetzt stellst Du mir zwei solche Scheißfragen. Das finde ich Wahnsinn!"

Und ja, wenn man das Interview live gehört und gesehen hat, kann man Kroos bei aller Solidarität mit dem Kollegen verstehen. Wahrscheinlich fühlte er sich von Kaben wie ein Zufallsgewinner behandelt, ein Außenseiter, der es gerade so geschafft hat. "Nicht selbstverständlich" und "in Bedrängnis" - für einen der erfolgreichsten Fußballer der Geschichte sind das unmittelbar nach einem Triumph verständlicherweise keine Kategorien. Sie mögen in einer kühlen Analyse zu einem späteren Zeitpunkt eine Rolle spielen, in einem solchen Moment aber nicht.

Bei der Reaktion spielen weitere Faktoren eine Rolle

Nur zur Erinnerung: Toni Kroos und Real Madrid haben auf dem Weg ins Finale Paris Saint-Germain, den FC Chelsea und Manchester City ausgeschaltet. Mehr Schwergewichte gehen nicht. Im Finale hielt das Team dem Offensivdruck Liverpools stand und nutzte eine seiner wenigen Chancen mit kühler Präzision zum Siegtor, während Liverpool aus zahlreichen Chancen keinen Treffer machte, auch dank des herausragenden Torwarts Thibaut Courtois. Real hat das Finale gewonnen, weil es standgehalten hat und am Ende die clevere Mannschaft war.

Nun spielt es bei Kroos' deftiger Reaktion sicherlich auch eine Rolle, dass Fußball-Profis das Wirken von Sportjournalisten grundsätzlich oft kritisch sehen und von den Fragen nach Spielschluss genervt sind. Hinzu kommt, dass sich Kroos, der in den vergangenen Jahren viel Kritik in Deutschland eingesteckt hat, in der Heimat nicht immer ausreichend gewürdigt fühlt. Da kann man schon mal sauer sein.

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