Es war mal wieder an der Zeit für große Worte. Vollmundig erklärte Craig Bellamy, Stürmer bei Deutschland-Gegner Wales, im walisischen Fernsehen, wohin er bei seinem Comeback gegen Liechtenstein seinen Elfmeter zu schießen gedenke. Unten links werde er ihn reinknallen, gab Bellamy da gewohnt selbstsicher von sich. Konsequenz: Im Spiel scheiterte er aus elf Metern kläglich an Liechtenstein-Keeper Peter Jehle, was Bellamy danach wegen seiner Arroganz auch heftige Kritik von seinem Nationalcoach John Toshack einbrachte. Eine Episode, die sinnbildlich für den Menschen Craig Bellamy steht.
Auf dem Platz genial, außerhalb des grünen Rechtsecks unberechenbar. Dieses Image haftet Bellamy auf der Insel an wie keinem zweiten. Dafür hat er auch einiges getan. Bellamy hat während seiner Laufbahn für mehr Skandale gesorgt, als er Tore für sein Heimatland (15) erzielt hat. Als da wären: Nachdem er eine Frau verprügelt hatte, landete der zu Wutausbrüchen neigende 29-Jährige im Gefängnis. Einem Ex-Trainer Bellamys erging es nicht viel besser – ihm schleuderte Bellamy einen Stuhl gegen den Schädel. Mit dem Ex-Kollegen Alan Shearer hatte er dermaßen Ärger, dass dieser ihm zornerfüllt androhte: "Wenn er je nach Newcastle zurückkehrt, schlag ich ihm den Kopf ab."
Die Liste der Bellamy-Ausraster ließe sich unendlich weiterführen. "Ich spiele nicht für Scheißclubs" – die Reaktion des wilden Walisers auf eine Anfrage von Newscastle United. Die schlimmste Entgleisung leistete sich Bellamy freilich vor einem Champions-League-Spiel seines FC Liverpool gegen den FC Barcelona. Damals hatte er nach einer Meinungsverschiedenheit seinen norwegischen Mannschaftskollegen John Arne Riise mit einem Golfschläger malträtiert. Der Putter landete direkt in den Beinen Riises – ein Zwischenfall, der in England bis heute unvergessen ist.
Sein Ex-Trainer Bobby Robson äußerte damals: "Bellamy ist ein Mensch, der alleine in einem Raum eine Schlägerei anfangen kann. Er ist der durchgeknallteste Spieler, den ich je trainiert habe." Worte, die für sich sprechen. Seit dieser Gewalt-Aktion hat der walisische Angreifer seinen Spitznamen weg: "The Nutter with the Putter". Übersetzt: "Der Verrückte mit dem Golfschläger".
Aber Bellamy hat auch andere Seiten, vor denen sich die deutsche Defensive rund um Mertesacker und Metzelder hüten sollte. Der Waliser ist auch ein genialer Angreifer, der nach einjähriger Verletzungspause auf dem besten Weg ist, zu seiner alten Form zurückzukehren. Zwar vergab er gegen Liechtenstein noch eine Vielzahl bester Möglichkeiten, aber schon in diesem Spiel war er immer dort, wo es gefährlich wurde. Der Respekt der Deutschen vor dem Offensiv-Einzelkämpfer der Waliser ist deshalb auch immens. "Der ist sehr temperamentvoll – auf und neben dem Platz", erklärte Thomas Hitzlsperger.
Direkt im Vorfeld der Partie zeigt sich der Star von West Ham United jedenfalls mehr als selbstbewusst. Es gäbe keine bessere Mannschaft als Deutschland, aber: "Ich habe meine Tore stets gegen starke Mannschaften erzielt. Und: "Gegen bessere Mannschaften zu spielen, ist einfacher." So leicht wird es für den nur 1,73 Meter großen Giftzwerg am Mittwochabend in Mönchengladbach gegen die DFB-Elf allerdings nicht werden. Die Offensiv-Bemühungen der Briten werden sich in Grenzen halten, Bellamy muss es vor dem Tor von Rene Adler ganz alleine richten. Eine schwierige Aufgabe, selbst wenn Michael Ballack auf Grund seiner Wadenverletzung tatsächlich ausfallen sollte. Bellamy jedenfalls wird Ballacks Fitness egal sein.